Mon Oct. 5, 2020
20:30

Georg Graewe & Sonic Fiction Orchestra 'Fortschritt & Vergnügen' (D/A/AUS/HR)

Georg Graewe: piano
Frank Gratkowski: clarinets
Maria Gstättner: bassoon
Sara Kowal: harp
Martin Siewert: guitars
Joanna Lewis: violin
Laura Strobl: viola
Cornelia Burghardt: cello
Peter Herbert: bass
Wolfgang Reisinger: drums

Wir stellen ab ca. 20h auf "Now Live" und dann öffnet sich automatisch ein Fenster, wo Sie via Vimeo kostenlos und ohne irgendeine Registrierung das Konzert miterleben können. Wir ersuchen Sie aber, dieses Projekt über "Pay as you wish" zu unterstützen. Vielen Dank & Willkommen im virtuellen Club!

We switch over to "Now Live" from about 8 pm and then a window opens automatically, where you can watch the concert free of charge and without any registration via Vimeo. If you want, you can support this project with "Pay as you wish". Thank you & welcome to the (virtual) club!

Sorry this part has no English translation

... before we were so rudely interrupted …
Schon im April – pünktlich zu Ostern – hätte „Fortschritt und Vergnügen“*, die erste CD des „Sonic Fiction Ochestra“ erscheinen sollen, doch Mitte März wurde unsere Arbeit im Studio jäh unterbrochen, Konzerte generell abgesagt und der große Stillstand ausgerufen. Nach dem ersten Schock in gespenstischen Zeiten realisierte ich, dass ich nun zwar ungewollt, aber tatsächlich viel mehr Zeit hatte und begann weitere Ideen zu erkunden und zusätzliches Material zu komponieren. So ist dieses Album in einigen Punkten ganz anders geworden als anfangs gedacht, und auch das Instrumentarium hat sich leicht verändert, bzw. im Laufe des Aufnahmeprozesses erweitert.
Wir werden an diesem Abend ausgesuchte Teile des Albums (in aktueller Form und Besetzung zum ersten Mal) live aufführen. Aber da ein ordentliches Konzert keine marketingkonforme Produktpräsentation ist, wird selbstverständlich auch weiteres Material zu Gehör gebracht werden – als vorläufiger Ausblick auf weitere Veröffentlichungen.
Ich möchte unser Konzert dem großen Keith Tippett widmen, einem der bedeutendsten Pianisten, Komponisten und Bandleader der letzten 50 Jahre und persönliche Inspiration seit meinen Anfängen – und in einem Ausmaß, das mir nach und nach bewusster wird. (Georg Graewe)
* Die vollkommene Ordnung wäre das Ende jeglichen Fortschritts und Vergnügens (Robert Musil)

Eine Stageband-Versuchsanordnung wandelte sich zum Zentralgestirn. An gebührenden musikalischen Überraschungen, daraus folgernd auch ad personam, lässt es Georg Graewe in diesem Schallforschungslabor somit weiterhin nicht mangeln. Einem kurzen Piano-Intro beispielsweise, seiner fliegenden Intuitionssynapsik zuzuschreiben – einer Leichtigkeit tiefempfundener musikalischer Wesenheit zugewandt – können Lieder folgen, im Nahbereich des klassischen Kunstliedes angesiedelt. Daran anschließend weitet sich die Ereignishaftigkeit wieder zum Großformatigen. Graewe legt es sodann auf eine noch engmaschigere Balance zwischen „partiturierten“ Texturen und freien Extempores an. Abgeschlossene und unkalkulierbare Prozesse bilden eine substantielle Polarität. In den obligaten, frei improvisierenden Kleingruppierungen ist der emotionale Überschwang, die Interaktion wiederum ein Deut impulsiver und konzentrierter. Jede der Konstellationen dringt in die Tiefe, schürft nach Gold und beförderte es zutage. Kulminationsmomente der Spannung. Graewe war es im Zuge der kontinuierlichen Arbeitsphase möglich, das Material immer ergiebiger ausdifferenzieren zu können und das Ensemble wuchs in die Rolle hinein, es immer freimütiger in den Korrespondenzstatus zu verlagern. Es sei eine These erlaubt: Georg Graewe nimmt jetzt eine herausragende Restrukturierungsstellung ein. Er betreibt den Fortgang seiner primär durch den Free Jazz ausgelösten Musik inzwischen unter der Prämisse, ihre Kanäle für alle möglichen substantiellen musikalischen/künstlerischen Einflüsse offen zu halten, zwingend zu bleiben und andererseits auf unterschiedliche musikalische Ansätze rückwirken zu lassen. Belangvolles Erdachtes. Panfunktionale Musik des 21. Jahrhunderts. Im Banne des Vergnügens. (Hannes Schweiger)