June 4, 2019
By Hannes Schweiger

Sorry this part has no English translation

MI 29. Mai 2019
Extraordinäre  STRINGenz
RATZER/HERBERT/EXTRACELLO
Karl Ratzer (g, voc), Peter Herbert (b), Edda Breit, Gudula Urban, Melissa Coleman, Margarethe Herbert (cello)

Musikalisch in Bewegung sein, kreativer Unruhezustand, das lebt Karl Ratzer im letzten Jahrzehnt mit besonderer Passion und Lust. Wie wären, neben seinen langjährigen Sextett/Quintett Projekten, das Duo mit Franz Koglmann, sein Trio oder eben die jüngste, erfinderische Kooperation mit Peter Herbert und der Streicher-Equipe Extracello sonst zu erklären. Peter Herbert ist mittlerweile sowas wie sein unverzichtbarer alter ego geworden und Extracello, eine rare Instrumentengruppierung, ist der Zusammenschluss von vier österreichischen/in Österreich lebenden Cellistinnen die ihren klassischen Background aufs gelungenste in Korrelation mit diversen substantiellen musikalischen Strömungen des 20.Jhdts bringen. Dem gestandenen Jazz-Modernisten Ratzer, mit seinen genüsslichen Ausschweifungen in Rock-, Soulterritorien brannte da ein intensiver Forschungsdrang unter den Nägeln. Entscheidender Brückenbauer/Anbahner war Peter Herbert. Mit Umsicht stellte das Kollektiv ein Repertoire an Eigen- und Fremdkompositionen zusammen, denen die kammermusikalische Verpflanzung in entsprechendem Ausmaß eine neue Färbung gibt bzw. einen neuen Standort beschert. All das lag an den teils reduzierten, harmonische Grundzüge  unterstützenden, teils reichhaltigen, fließend-raffiniert harmonische Gefüge ausstockenden, Arrangements. Margarethe Herbert, Melissa Coleman, Peter Herbert als Verantwortliche. Die Cello-Arrangements, stellenweise dürften sie gewagter sein, sind aber nicht streng an Formbildungsprinzipien europäischer Konzertmusik gebunden, wiewohl dossiert solche einbezogen wurden, sonder stehen in ihrer Ästhetik primär der Jazzharmonik, balladesk verhandelt, sehr nahe. Ratzers groovige Ideen, sein sensationelles, in der Blues-Ursuppe einzementiertes Feeling, die markante melodische, riffmeisterliche Gabe, bedeuten die Botenstoffe. Dem folgt eine außerordentliche Bindung zwischen den MusikerInnen auf dem Fuß. Ratzer genoss diese feinstoffliche Umgebung auch solistisch in höchstem Maße. Oftmals mit nur wenigen, spontanen Gesten polierte er die Stücke auf. Hypnotisierend auch die labyrinthisch-improvisierten Duette mit Peter Herbert. Entspanntheit, Sinnesintensität, Verdichtung. Im Anschluss eines jener Klangbeete der Cellistinnen mit viel Raum für intuitives Dieses und Jenes der beiden Herren. Während einer Bach Interpretation (Prélude in D-Moll) vertieften sich die Damen in eindringlicher Vierstimmigkeit in der grandiosen Kunst der bachschen Kontrapunktik und der, zum x-ten Mal jetzt geäußert, großartige Peter Herbert vollführte, wie man über Bach fantasiert. Zurück zu den Songs, die ja in dieser Verortung etwas über dem Boden schweben. Underground System, Sweet Lorraine, You Must Believe In Spring. Manchen ist ein kurzes abstraktes, freiformatiges Intro zugedacht. Mitten ins Herz ging´s, wenn Ratzer seinen inbrünstigen Gesang, gestützt auf dieser authentischen, schnoddrigen Intonation und melodisch-autonomen Nebengleisigkeit, einbrachte. Etwa bei dem Blues Rock-Knaller Oh Well. Nichts gegen sein Meisterwerk My Time: versunken in Gelöstheit, Sophistication – don´t say I´m late, it´s my time.  Veredelt mit einem famosen „laid back“-Solo, sodass man in den Sessel fiel und die Zeit, Zeit sein ließ. Die Qualität dieses Projektes liegt in der Transparenz, welche die organische Verbindung von konzertmusikalischem Strukturdenken mit improvisatorischen Zündungen durchzieht. Wechselwirksame Durchdringung, die die variative Musik auf ein Niveau speziellen, äußerst kantablen Charakters hievt. Ratzer ist gegenwärtig mit „Bestzeit“ unterwegs. Vom Helental bis zum Rio Blue.