Fr 29. Mai 2009
20:30
Portrait Martin Lubenov

Martin Lubenov Orkestar (BG)

Martin Lubenov: accordion
Krasimir Malakov: clarinet
Petar Yankov: voice, percussion
Stefan Velinov: voice, percussion
Luben Ivanov: guitar
Martin Doykin: bass
Borislav Kolev: drums

Martin Lubenov ist ohne Zweifel einer der wichtigsten und innovativsten Vertreter des Balkan-Akkordeons jenseits der Unterhaltungsmusik. Was nicht heißt, dass seine Musik nicht unterhaltsam ist. Im Gegenteil.
Vergleichbar seinem berühmten Kollegen Petar Ralchev hat Martin Lubenov sehr früh zu einem eigenen Stil gefunden, der mit atemberaubender Virtuosität und spielerischer Eleganz balkanische Romamusik mit Schattierungen von Swing, Modern Jazz, Tango Nuevo, Salsa und Musette ansetzt und ihr damit die Ehre erweist, die Astor Piazzolla etwa dem Tango, Richard Galliano der Musette erwiesen haben. In seiner Wahlheimat Wien, dem musikalischen Brückenkopf zwischen Balkan und Orient und den „westlichen Szenen“, verfolgt er diesen Ansatz mit seinen Bandprojekten Jazzta Prasta und dem Martin Lubenov Orkestar. Könnte man Ersteres als Jazzband mit ethnischer Grundierung bezeichnen, so verhält es sich beim Orkestar genau umgekehrt. Ausgefuchste ethnische Musik, tanzbar und partytauglich, aber mit geschickt gesetzten Jazzschattierungen.
Gemeinsam ist beiden Bands die individuelle Signatur ihres Komponisten, Arrangeurs und Master-Minds, Martin Lubenov, der mit optimistischer Leichtfüßigkeit und unablässigem Schalk im Nacken Musik erfunden hat, die extrem „sophisticated“ und extrem „entertaining“ zugleich ist, und die ethnischen Traditionen des südlichen Balkans mit ihrem Hang zu Tragik, Wildheit und Pathos adaptiert, dann ironisch bricht und somit weiterentwickelt.
Das Martin Lubenov Orkestar rekrutiert sich aus renommierten Romamusikern der bulgarischen Szene. Der unverwechselbare Soul des Romaliedes hat vor allem durch nordspanische / südfranzösische Bands wie den Gypsy Kings Weltruhm erlangt. Beim Martin Lubenov Orkestar kippt er interessanterweise nie in Kitsch und Gefälligkeit – dafür sorgen schräge Arrangements, voll gepackt mit Jazzimprovisation, fetten Bläsersätzen, die unprätentiös Latin mit Balkanbrass vermählen, den verspielten Tango- und Gypsy-Swing-Zitaten Lubenovs sowie brillanten Gitarren- und Kontrabassbackings und -soli.
Dank seines stil- und kontinentübergreifenden Wissens ist Martin Lubenov mit seinem Orkestar das Unmögliche gelungen: ein völlig neuartiges Hybrid, das Intellektuelle, Jazzer, World-Music-Afficionados wie Popfreaks gleichermaßen zu begeistern vermag.
Martin Lubenov wurde 1976 in Sofia geboren. Martin studierte klassische Musik und Jazz in Sofia und Wien. Seine Erdung im vibrierenden Boden balkanischer Hochzeitsmusik bewahrte ihn von vorneherein davor, ein \"akademischer\" Musiker zu werden. Und glücklicherweise ließ ihn seine musikalische Bildung schon früh über Populärmusik hinauswachsen, auf die sich viele Romamusiker am Balkan beschränken.
2000 zog es Martin Lubenov zum Studium nach Wien, wo er bald zum Verbindungsglied zwischen der Musik der jugoslawischen und mazedonischen Communitys und der mitteleuropäischen Folk- und World-Music-Szene avancierte. Schnell sprach sich sein Talent herum, auf das unzählige Musiker und Bands zurückgriffen, darunter die Wiener Tschuschenkapelle, das Sandy Lopi_i_ Orkestar sowie diverse griechische, Klezmer- und Musette-Bands. In Bulgarien war er zudem Instrumentalist und Arrangeur der Jony Iliev Band.
Dass sich Martins Genie so schnell entfalten konnte, verdankt sich wohl dem richtigen Ort und der richtigen Zeit. Und seinem musikalisch-intellektuellen Fokus, welcher vielen nachstrebenden jungen Romamusikern Hoffnung gibt.
2005 wurden Jazzta Prasta im Wiener Porgy & Bess mit dem Austrian World Music Award ausgezeichnet, und ein Jahr später erhielt Martin den begehrten französischen Prix Gus Viseur, benannt nach einem der alten Meister des Musettewalzers.
Somit zählt Martin Lubenov mittlerweile zu den großen Namen der europäischen World-Music, aber auch des Jazz. Und weiß überall, wohin ihn seine Wege führen, nach London, Zypern, Belgien, Niederlande, Norwegen, Portugal, Italien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Slowenien, Bosnien & Herzegovina, in die Schweiz, die Türkei, Pakistan und in die USA, sein Publikum mit seiner Virtuosität und seinem Charme in Bann zu ziehen. 2008 kam es zu gemeinsamen Projekten mit dem österreichischen Saxofonisten Wolfgang Puschnig und einigen grossen Namen der internationalen Akkordeonszene: Richard Galliano (Frankreich), Renato Borghetti (Brasilien), Danças Ocultas (Portugal). Der von der bulgarischen Camera Film produzierte Dokumentarfilm Jazzta Prasta über den Werdegang Martin Lubenovs wird im März 2009 beim Internationalen Filmfestival Sofia präsentiert, und erst kürzlich hat er ein neues Talent entdeckt: In der Burgtheateraufführung von Dimitré Dinevs Stück „Das Haus des Richters“, für das er auch einige Stücke komponiert hat, debütierte er mit einer kurzen Sprechrolle als Schauspieler … (Pressetext)