19. Juli 2018
Von Hannes Schweiger

DI 17. Juli 2018
Virtuose Bespielung der Jazz-Echokammer
CHRISTIAN SANDS TRIO
Christian Sands (p), Yashushi Nakamura (b), Jonathan Barber (dr)

Alleine schon die stuppende, pianistische Technik, die in ungeheurem Andruck gefasst ist, wirft einen in den Sessel zurück. Eigen ist diese Christian Sands, eine der jungen Lichtgestalten der Jazz-Zeitgeschichte, und verkündet einen fast singulären Höchst-Standard. Wo treibt sich Sands um? In den einstigen, ebenso Neuland kennzeichnenden Territorien der Jazzentwicklung die dezidiert die traditionelle Harmonielehre als den Grundstock anhört. Doch Sands macht es sich nicht einfach oder setzt sich gar in gemachte Nester. Er richtet sich zielstrebig und mit weitentwickelter Individualität seinen eigenen Kreativplatz ein, wo er aufgeklärten Jazzklassizismus mit unverbrauchter Ambition und Tatendurst für sich neu verortet. Sands musikkulturelle Haltung wurzelt tief in der afro-amerikanischen Jazz-Heritage. Echos von zwei der unumschränkten Ausnahmevirtuosen Art Tatum und Oscar Peterson wehen herüber, die für den Pianisten die prägendsten Einflüsse markieren, und was die Inspiration von Post-Bill Evans Pianisten betrifft, von Chick Corea. Letzterem erwies er die Referenz in einem kochenden Latin-Stück. Mit den ersten beiden verbindet ihn diese grenzenlos scheinende, technische Brillanz, sowohl was die rasanten Melodieläufen als auch die harmonischen Bauten einer extrem starken linken Hand betrifft und offensichtlichst, das Swingen in wahnwitzigem Tempo. Einer Starsolist-Inszenierung mit Begleitstaffage frönt er wohlweislich nicht. Sands forderte seine gleichfalls musikalisch wie technisch grandiosen Mitmusiker ständig heraus. Egal ob in hitzigem Neo-Bebop Kontext, einer erdigen Blues/Soul-Gemengelage, die Horace Silver und Ramsey Lewis gedachte, ein Bravourstück aus nahtlos verzahnten Monk-Zitaten kompilierend oder Post-Hard Bop Up- Tempo Finessen auf Basis reharmonisierter, weitergetriebener Standard-Changes zaubernd, das dringliche Interplay zog alles zu einer Essenz zusammen. Noch dazu mit einer unfassbaren Leichtigkeit auf den Weg gebracht und in diesem formalen Rahmen, das Füllhorn ausgießend, von einem Ende zum anderen fliegend. Sands greift eine klavierstilistische Entwicklungslinie auf die nie richtungsentscheiden war, die aber seitens der technischen Qualität Maßstäbe setzte und bereichert sie um ausgesuchte konzeptions- und klangästhetische Qualitäten aus heutiger Sicht. Emotionale Gewichtung pocht darin unaufhörlich. Virtuosentum ist für den Pianisten außerdem kein blanker Übermut. Sie ist das Trägermaterial für seinen Klangdrang. Da steht viel Verheißungsvolles für Zukünftiges an.