17. September 2018
Von Hannes Schweiger

MI 16. September 2018
Zurück in die Vorvergangenheit
SOFT MACHINE „50 YEARS TOUR“
John Etheridge (g), Theo Travis (fl, ss, ts, sounds), Roy Babbington (b), John Marshall (dr)

Von Beginn an (1968) war das Band Projekt Soft Machine ein Work In Progress. Unzählige namhafte, gewichtige britische Musiker gingen aus den diversen Besetzungsrochaden hervor. Die einen neigten zu avancierter Jazzspielhaltung, die anderen übten sich in rockbasierten Experimenten. Doch zu jener Zeit pflegte gerade die junge britische Musikergarde kein Territorialdenken. Gegenseitige Inspiration, Erkenntnisaustausch stand an.

Soft Machine kristallisierte sich zu einem der wichtigsten Kreativpools im progressiven Rock-Bereich heraus. Wie es für die freien Improvisatoren das Spontaneous Music Ensemble mit gleicher Berührungsängstelosigkeit war. In die sogenannten psychedelischen, harmonisch waghalsigen Klangcollagen, mit vertrackten rhythmischen Bewegungsmustern, drangen zu jener Zeit in das Soft Machine Konzept immer konkreter umfassende jazzspezifische Gepflogenheiten hinzu. Eine in den 1970er Jahren relevante Syntheseästhetik stand am Ende; ein um elektronische Effekte angereicherter Jazz-Rock mit eigener Note, der sehr einflussreiche Kreise zog. Im ersten Jahrzehnt radikal und unangepasst. Folglich erfuhr der aufwühlende Mix eine strukturelle, gitarrenlastige Stereotypisierung und fand sich im angepassten Fusion-Bereich wieder. Erst in den 2000er Jahren besannen sich vier alte Mitglieder wieder ihrer experimentierfreudigen Tugenden und entzündeten erneut ihr kompromissloses Amalgam. Nach dem Ableben zweier fast Ur-Mitglieder begeht die Formation in der Besetzung wie wir sie heute kennen, ihr fünfzigjähriges Bestandsjubiläum. Drei „Langzeit-Maschinisten“ und der eine Generation jüngere Saxophonist Travis schmissen die Feier. Älteres Material aus legendenumwobenen Alben wie ThirdSofts oder Bundles, wechselte mit Stücken des aktuellen Tonträgers Hidden Details. Die vier Herren waren bestens gelaunt, fackelten nicht lange herum, preschten lauthals und voller Elan los und auch die altersbedingten physischen Handicaps, vor allem beim großen John Marshall bemerkbar, ließen sie mit ihrer Euphorie vergessen machen. Mit Fortdauer funktionierten auch bei ihm die Gelenke immer besser. Das Kraftzentrum des Rock bringen die „Softies“ schon noch gehörig in Wallung und die Jazzfreiheit hat ihre Freude daran. Auch solistisch geht noch einiges. Etheridge nutze dies weidlich, konnte mit der einen oder anderen Kaskade überraschen, und übergab das Zepter zufrieden an Travis, der kraftvoll, technisch ausgereift, durchaus auch kreativbeflissen zublies, aber dann doch zu häufig Fusion-Saxophon Klischees bemühte. Jedenfalls, der Kollektivgeist ist noch außerordentlich rege und verspielt komplizierte Themen gerieten zu weitestgehend gelungener Umsetzung. Ab und an das Klangkonvolut „on the edge“ zu treiben, vergaßen sie ebenfalls nicht. Da klang sie dann immer wieder durch, die Sprengkraft, die im Tafelsilber des einstigen Oeuvres dieser wegweisenden Band steckt. Auf sympathische Weise in die Jahre gekommener Jazz Rock dem heute gerechtfertigter Erinnerungswert zusteht. Nicht mehr und nicht weniger. Welcome back to the machine.