15. Februar 2019
Von Hannes Schweiger

DI 12. Februar 2019
Wut-Musiker
MARC RIBOT „SONGS OF RESISTANCE“
Marc Ribot (g, vocals), Jay Rodriguez (ts, ss, fl), Nick Dunston (b), Chad Taylor (dr)

Seit Mr. Donald T., mehr Aufmerksamkeit soll diesem Herrn hierorts nicht zuteil werden, das amerikanische Präsidentenamt unappetitlich konterkariert und mit seinen fiesen verbalen wie schriftlichen Absonderungen Humanität mit Füßen tritt, regt sich speziell in den dortigen Künstlerkreisen heftigster Unmut. Was unumwunden zum Ausdruck gebracht wird. Einer der das gegenwärtig musikalisch am lautstärksten verkündet,  ist der stilistische „All inclusive“-Gitarrist Marc Ribot. Zudem in der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung aktiv. Er griff mit gehöriger Wut im Bauch die große Tradition des Protest-/Widerstandliedes auf und stellte für sein „Stand Up For Your Rights“-Programm einen Songzyklus aus entsprechenden Liedern, den Entstehungszeitraum von 1942-2018 umspannend, zusammen. Vom italienischen Partisanenlied bis zu mexikanischen bzw. amerikanischen Protestsongs reichend. Ergänzt um eigene Songs zum Thema. Konzeptionell sprengt dieser Sturschädel und begnadet stilvolle „Klangrabauke“ mit viel Aberwitz die konventionelle Liedform. Songs begannen häufig mit zerstreut wirkenden Singlenotes von der Gitarre ehe sie in rock-, funk-, rhythm´n´ bluesaffinen Akkordprogressionen und Grooves ihr Glück fanden. Dies war die eine, dominierende ästhetische Lesart. Die andere frönte einer pluralistischen Jazzauslegung, die die Grammatik des Be Bop und Free Jazz mit Jetztzeithorizont zusammenführt. Bei Ribot verdinglicht sich beides, eigentlich eine natürliche Rhetorik im heutigen Musikkosmos, zu einer Sinneinheit bildenden Deutung. Elaborierte Harmoniekonstrukte, intuitive Momente rhythmischer Instabilität und exzessive Energetik, die von Ribot mit all seiner Könnerschaft betrieben und kanalisiert wurden, potenzierten den Intensitätsgrad und weiteten die musikalische Inhaltlichkeit des Liedgutes, vor allem jenen/jener der Fremdkompositionen, und ließen sie wieder ordentlich brennen. „Bella Ciao“ war eines dieser eindringlichen Beispiele. Hier muss ein erster Wehrmutstropfen angesprochen werden, die Gesangsdarbietung Ribots. Die ist ob ihrer Ausdünnung und wackeligen Intonation gewöhnungsbedürftig, nichtsdestotrotz in diesem Projekt ein wesentliches Trägermedium. Ein zweiter wäre teilweise auf die Message zu beziehen. In den eigenen Texten (einer ein Manifest der Verweigerung und des Widerstandes) befleißigt sich Ribot einer Inszenierung, die etwas zu plakativ in Richtung Agitprop rückte. Überzeichnung ist aber in diesem Fall ein legitimes Mittel. Wie gesagt, die Musik alleine schrie besser als die Worte dieses Unbehagen und die Ohnmacht über gegenwärtige, autokratische Züge tragende politische Tendenzen heraus.  Die Band schleuderte ihren Protest als eingeschworenes Kollektiv mit ziemlicher Wucht ins Auditorium. Verpackt in gefinkelte Arrangements oder offenen, spontanen Formfindungen. Freiheit für Solo-Improvisation jeglichen Ansatzes  wurde am größten geschrieben. Die spannendsten sprangen von den Saiten Ribots herunter. Verzerrt, knochentrocken, noise verdichtet, ayleresk hymnisch. Jay Rodriguez bekannte phantasiebegabt auf Sopransax und vor allem Querflöte Farbe, wohingegen das Tenor einiges an Anstrengung von ihm abverlangte. Bass und Schlagzeug zogen dynamisch variabel ihre Bahnen. Ein zweifelsohne angebrachter Aufruf von künstlerischer Nachhaltigkeit, der aber leider die Ohren an die er gerichtet ist nicht erreichen wird.