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ORIA
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ie "der Systemmatische" (siehe Februar Editorial) vielleicht noch weiß, wurde besagtes
Vorwort am 15.1.97 um ca. 16.30 h in einem Wiener Kaffeehaus bei einer Tasse Früchtetee
verfaßt. Deshalb sei an dieser Stelle vermerkt (durchaus auch in der Absicht gewisse
Neidreaktionen hervorzurufen), daß dieses Editorial am 14.2.97 um ca. 13.00 h bei einem
Campari Orange in einer Bar auf einer wunderbaren vor Afrika liegenden, aber zu Spanien
gehörigen Insel geschrieben wurde.
Zahlreiche Leserbriefe machten uns darauf aufmerksam, daß nicht Reflektionen über den
Begriff des Editorials Inhalt desselben sein sollten, sondern daß sich dieses Vorwort auf das
beziehen soll, was programmatische Sache im jeweiligen Musikmonat ist. Nun denn:
Ein Schwerpunkt liegt im beginnenden Frühling und der senkt u.a. bekanntlich die
Heizkosten, ein anderer in der endenden Fastenzeit, und der erhöht hoffentlich den Umsatz
der Küche. Der erste drückt sich in Engagements von Musikern mediteraner Herkunft aus
(Gianluigi Trovesi, Gianni Coscia, Pino Minafra, Anna Lauvergnac), der andere durch ein
oppulentes Musikmenü im Zeichen des "Gitarrengotts" Jimi Hendrix am Ostersonntag.
Das Portrait ergeht an den britischen Saxophonisten Andy Sheppard, der Mitte der 80er Jahre
mit seinem Quintet internationales Aufsehen erregte. Nach einem jahrzehntlangen
Reifungsprozeß gilt er heute als einer der Protagonisten für das, was viele Kritiker als
"Europäischen Jazz" bezeichnen. Im Konvolut mit dem Pianisten Steve Lodder wird er für
Impulse in der heimischen Szene sorgen. Wer genauere Informationen über die Geschichte
des britischen Jazz haben will, der sei auf den Einleitungstext des Festivals London meets
Vienna vom September 1995 verwiesen.
Der März wird am deutlichsten (weil am lautesten?) durch namhafte Schlagwerker geprägt:
Steve Argüelles, Joey Baron, Paul Motian, Rashied Ali, Louis Moholo oder Karl Latham
seien chronologisch genannt.
Art of Duo ist ein dreitägiger Schwerpunkt, der die intimste Form des interaktiven
Musizierens zum Thema hat.
Die heimische Gitarrenszene hat nicht nur durch die GuitarNightLine ihr Podium, sondern
durch das Tribute to Jimi Hendrix, jener Gitarrist, der auch bei Jazzmusiker wie Miles Davis
oder Gil Evans seine Bewunderer fand, ein reiches und aufsehenerregendes Betätigungsfeld.
Electric Ladyland ist im übrigen die einzige Einspielung Hendrixs, bei der er über optimale
Studiovoraussetzungen verfügte und die ohne wesentlichen ökonomischen Druck eines
Plattenlabels oder irgendwelcher Produzenten entstand. Mit Jim Hall und dem Fast-
Österreicher Attila Zoller werden zwei herausragende Musikerpersönlichkeiten
internationalen Formates einen weiteren gitarristischen Höhepunkt markieren.
Zeitgenössisches bietet wie immer die Leiste Unstolen Moments bzw. das ROVA
Saxophonquartet und das Ensemble um den Cellisten Tristan Honsinger, Populäres die
Midnight Specials mit dem Syndicate von Alexander Ehrenreich, dem kubanischen Kollektiv
Sin Fronteras, Coloures`N` People und Farmer`s Market und Selbstätiges die Sessions, wobei
die Songbooks im Zeichen von Cannonball Adderley und Dave Holland stehen.
Sie können also aus dem spätwinterlichem und frühfrühlichen, bzw. post- und
prafastenzeitlichen Kreativangebot individuell wählen. Bei Magenverstimmung
überambitionierter Membercardbesitzer sei eine Geheimmixtur unseres chilenischen Barchefs
empfohlen. Muchas Felicidades, Muchachos
Renald Deppe, Christoph Huber und mathias rüegg
PORGY & BESS, SPIEGELGASSE 2, 1010 WIEN, TEL: 512 84 38