fr 12.12.

21.00 Uhr Focus Pocus A/I/

„Improvisierte (Kraft-)Kammermusik" lautet die Devise des auf ein Trio konzentrierten Ensembles namens „Focus Pocus". Keine falschen Taschentrickspieler oder passionierte Hobbyzauberer sind hier am Werk, sondern unersättliche Klangforscher, die für ihre letzte Einspielung „Duty Free" den vielbeachteten und ebenso begehrten „Preis der deutschen Schallplattenkritik" in der Kategorie „künstlerisch herausragende Neuveröffentlichung" einheimsen konnten. So ist das halt mit den Propheten im eigenen Land!
CH
Eintritt: ÖS 120.-


24.00 Uhr Dorretta Carter & Her Funkmonsters

Dorretta hat mich gebeten, ein paar Zeilen für diesen Folder zu verfassen.
Keinesfalls zu viele, aber jedenfalls auch nicht zu wenige. Bunte Häppchen, leicht verdauliches Infotainment. Ein Text also, der tunlichst all jene Argumente beinhaltet, die jedem Veranstalter, Festivalmanager oder Club-Besitzer, der etwas auf sich hält, schlagartig vor Augen fügen, wie megaout er sein könnte, würde er hinkünftig an Dorretta vorbeibuchen.

Ein paar Zeilen in bester Kreativen-Tradition, die möglichst plakativ auf den Punkt bringen sollen, warum man Dorretta mögen muß. Ein ganzheitliches Dorretta-Portraitscherl, kulinarisch aufbereitet, mundgerecht für Musik-Journalisten, die ohnehin immer nur abschreiben, ein toller PR-Text halt, der dann etwa so betitelt sein könnte: Dorretta Carter, die Pfefferoni des Jazz.

Vorsicht: Das hat viel mit Verpackung zu tun, mit kommunikativen Know-how, man könnte auch Marketing sagen; – im Verständnis dafür ähneln Dorretta und ich einander, hähä – gewöhnlich für einen wie mich, ungewöhnlich für eine Künstlerin, und, bei Gott, ich weiß, wovon ich rede.

Und doch: Ich darf, so sagt man mir, gerade deswegen nicht Alltägliches verlauten, womit die Chronik der Meilensteine einer Karriere gemeint ist. Also davon berichten, daß Dorretta in London geboren wurde (und schon gar nicht wann, wiewohl es da ja wirklich rein gar nichts zu verheimlichen gäbe), und daß Dorretta irgendwann begonnen hat, trotz ihrer Rastaroots ebenso mit Reinhard Fendrich zusammenzuarbeiten wie mit Friedrich Gulda. Also u Punkt a Punkt.

Ich nehme mir also vor, ich tue es nicht. Jawohl, ich werde es verschweigen, weil Credits ohnehin wenig bis nichts aussagen; – und weil das ja ohnehin jeder tut. (Dabei fällt mir ein: Hat eigentlich schon irgend jemand da draußen solche Angaben jemals auf ihre Relevanz überprüft?)

Und weil es eigentlich nichts an der Sache ändert, daß eine Erwähnung all dieser Promis oder absolvierter hipper Shows und Events, die ihr curriculum tatsächlich zeichneten, Dorretta nicht einmal ansatzweise gerecht werden könnte. Schlimmer noch: irreführend wäre.

Abgesehen davon: Seien wir doch ehrlich! Auf fruchtbaren Boden ist dererlei Umtriebigkeit letztendlich noch immer nicht gefallen; sonst müßte Dorretta schon seit Jahren in den internationalen Hitparaden plaziert sein. Damit wir uns hier richtig verstehen: Daß dem nicht so ist, liegt nicht an Dorretta, sondern daran, daß ein Land wie unseres Dorretta eigentlich nicht verdient.

Denn das, was Dorretta wirklich tut, wofür sie sich leidenschaftlich interessiert und ihre Talente mit vollem Einsatz aufwendet, was Dorretta schließlich auf der Bühne ausmacht, das hat mit der Geschichte, die im besten Falle nur Adabeis und der Boulevard hören wollen, wenig gemein; vor allem: es geht über das hierzulande übliche salierieske Mittelmaß weit hinaus.

Diese spezielle Geschichte freilich stünde auf einem anderen Blatt, und sie würde von wunderbarer Musik handeln, von einer einzigartigen Stimme, von Soul und Blues und Funk und mitreißender Performance; von rhythmischem Feuer, und satten Sounds, getragen von musikalsicher Reife und gebettet in präzises Kalkül; von einer phantastischen Frau mit viel Humor und ihrem professionell beseelten Ernst für Musik.

Bedauerlicher Weise wollen das nur wenige Menschen lesen. Das hilft mir und meinem Foldertext zwar nicht, aber es, das Publikum, hat dennoch recht. Denn letztlich geht es weder um die Strategie der Verpackung noch um die Theorie der Inhalte, sondern einzig und allein um das, was Dorretta Carter bewegt: ums Feeling, net wahr!

Das ist die entscheidende Frage nach Emotionen, und das einzig überzeugende Motiv, Dorretta Carter zu bejahen. Singen kann bald wer, und im Techno-Playback-Zeitalter braucht man bekanntlich ja nicht einmal mehr das (selbst die 3 Tenöre machen ja davon reichlich Gebrauch). Wenn es aber darum geht, ein erstklassiges Live-Konzerterlebnis zu generieren, eines bei dem das Publikum aktiv Spaß haben und tanzen, kurz: nicht genug kriegen kann, dann ist Dorretta Carter auch in diesem Punkt nur – von den Zillertaler Schürzenjägern schlagbar.

– Vielleicht ist es auch genau das, was Sie wissen wollten. Oder sollten.

Dorretta hat mich jedenfalls genau aus dem Grund gebeten, ein paar Zeilen für diesen Folder zu verfassen. Es sollte ein bißchen Werbung und ein bißchen Information sein, aber ich glaube, es hat nicht funktioniert. Es ist vielmehr, naja: ein Liebesbrief geworden. Jawohl. Das ist als kategorischer Imperativ der eigentliche Punkt: Man muß Dorretta Carter lieben. Glauben Sie mir!
Wolfgang Lamprecht

Eintritt: ÖS 180,-

PORGY & BESS, SPIEGELGASSE 2, 1010 WIEN, TEL: 512 84 38