So 28. Mai 2023
20:30

Kahil El´Zabar Quartet (USA)

Kahil El´Zabar: drums, cajon, kalimba, voice
Corey Wilkes: trumpet, spirit bowls, percussion
Alex Harding: baritone saxophone
Justin Dillard: keyboard

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Die Aufarbeitung, Weiterverarbeitung des ethnischen Erbes, hier des afrikanischen, nahm in seinem künstlerischen Schaffen seit jeher eine zentrale Rolle ein. Als Dichter, Schauspieler und vorrangig als Musiker. Anfang der 1980er Jahre pumpte Kahil El´Zabar, bürgerlich Clifton Blackburn, mit seinem Ethnic Heritage Ensemble frische Energie in das prägende, freigeistige Jazzkonglomerat der Chicagoer Musikerkooperative AACM. Dessen Chairman er auch zeitweilig war. El´Zabar verkörpert auch das unbeugsame Selbstbewusstsein des schwarzen Amerika. Denn jenes nach wie vor existierende Ungleichgewicht in Amerikas Gesellschaft, lässt ihn unablässig an den humanitären Geist appellieren. Nach längerer Abwesenheit vom Tourleben war dieser Rhythmusmagier mit einem neuen Ensemble aus Musikern der heutigen Chicagoer Jazz-Szene wieder einmal zu Gast. Trompeter Corey Wilkes war als „positiver Testfall“ leider nicht mit im Verbund. Mit seinen beiden anderen Partnern widmete sich El´Zabar mit selbiger Inbrunst dem Vermächtnis der Jazz-Moderne. In einer tiefverbundenen Transformation. Eröffnend preschte das Trio vitalst in einer Hard Bop-Gewandung dahin. Unverkennbar, wie Kahil sein eigenes Post-Bop Swingen unspektakulär in Szene setzt. In spartanischer Weise erzeugte er dabei einen Drive brodelnder Impulsivität. Versetzte Akzentuierungen, nonlineare Melodiekürzel fügte er mittels nonverbalem Gesang hinzu. Das hieß eine Steigerung der Dichte seines Spieles. Noch archaischer wurde der musikalische Makrokosmos als „Zeremonienmeister“ El´Zabar seine Hand-Drum beschlug oder die Kalimba zupfte. In suggestiven Pattern, die aus Entlehnungen und Eigendeutungen afrikanischer Rhythmen Kraft bezogen. Dem bemerkenswerten Saxophonisten brannte es gleichfalls unter den Nägeln. Er phrasierte sich auf dem Tenor selbstständig, stämmig und präsent sein Ton, durch stilistische Marksteine von Lester Young, Rollins, Ayler, Coltrane. Das atmete Relevanz und Wahrhaftigkeit. Stoisch in der Mitte saß, das harmonische Gewebe ausbreitend – liegende Akkorde oder pumpende Ostinati - der Keyboarder. Kuriosum: das zweimanualige Instrument lag auf seinen Oberschenkeln. Diese körperliche Verbindung scheint ihm wichtig. Körperlichkeit, direkte Dringlichkeit verströmte selbig auch sein gefinkeltes Spiel. Gefiltert aus dem deep soul-Groove von Jimmy Smith und der space-Exzentrik Larry Youngs. Und all die unteilige Interaktion bewegte sich entlang einer prallen Bluesader. Für ihre Improvisationen der Leidenschaft dienten den Musikern das Thema des zweiten Satzes der „Love Supreme“-Suite, Wayne Shorters „Footprints“, ein Funk-Riff von Eddie Harris als Inspirationsquelle und immer wieder die Bluesform. Jedoch der Gipfelsturm schlechthin war eine Version von „All Blues“ in der Instrumentierung Tenor, Orgel, Kalimba, Stimme. Eindringlicher Call & Response-Verlauf, rhythmisch von afrikanischem Empfinden eingefasst. Zum Niederknien. Die kollektive Identität, die pluralistische Jazzfreiheit und Kraft der Chicagoer-Version von „Great Black Music“ pulsiert weiterhin. Und Kahil El´Zabar hat das von der ersten Generation Chicagoer AACM-Musikern übernommene Feuer bereits weitergegeben. From the roots to the source into now. (Hannes Schweiger, über das Konzert vom 4. Mai 2022)