25. Juli 2017
Von Hannes Schweiger

MO 24.Juli 2017
Spirituelle Traumgespinnste
CHARLES LLOYD QUARTET
Charles Llyod (ts, a-fl, perc), Gerald Clayton (p), Reuben Rogers (b),  Eric Harland (dr, perc)

Spiritualität in Töne gegossen, suggeriert weit weniger Verklärtheit, als eine in Worte gefasste Auslegung. Wenn Spiritualität dann noch mit jener unvergleichlichen Inbrunst und Wahrhaftigkeit musikalisch kundgetan wird, wie sie Lloyd, charismatischer Coltrane-Adept, durch sein Saxophon strömen lässt, dann erklimmt diese Spiritualität eine authentische metaphysische Ebene. Bar jeglicher esoterischen Gefühlsduselei respektive religiöser Verblendung. Seit fünf Jahrzehnten, von orientierungsbedingten Unterbrechungen begleitet, ist Lloyd auf dieser Reise, im Zuge derer er danach trachtet, ins Innerste des Tones bzw. zum Wesen der Musik vorzudringen. Mittlerweile ist er schon ausnehmend nahe dran. Mit seinem aktuellen Quartett bringt er die Ereignishaftigkeit seiner Musik in erneut außerordentlicher Form zum erblühen. Jenes natürlich fließende Amalgam aus tradierten Jazzparametern und dem daraus resultierenden Endszenario der formalen und klanglichen Befreiung, der Bluesverwurzelung, einer luftigen Rockmotorik und folkigem Melos, das er mit seinem epochalen Quartett - Keith Jarrett, Cecil McBee/ Ron McClure, Jack DeJohnette - entwickelte und von dessen Zauber in den 1960er Jahren nicht nur das Jazz- sondern auch das Rockpublikum eingenommen wurde. Deutlicher denn je danach, gelingt es Lloyd gegenwärtig den Geist, den antreibenden Esprit dieser Band neu zu beleben. Da strömte frische Energie, der Wagemut war ungebrochen. Als Angelpunkte dienten Lloyd-„Klassiker“ und neuere Piecen aus des Meisters Feder. Sodann war der Opener eine berührende, hingehauchte Ballade, die klar legte, dass niemand ein Saxophon annähernd so zart zu spielen versteht wie Lloyd. Seine Partner warfen adäquate Empathie ins Spiel und das Interplay vernetzte sich zu einem Rubato-Kontinuum. Kontinuierlich steigerte sich nun die Intensität, die poetische Kraft und Kohärenz der Gruppendynamik. Lloyd vertiefte sich immer zwingender in ein Substrat gehaltvoll weichgezeichneter Tonketten und komplementärer energischer, kontrollierter Ausbrüche. Ausführlich wie schon lange nicht gab er sich dem hin. Vor melodischen Einfällen übersprudelnd und von seinen Mitstreitern inspiriert. Wie überhaupt der modale Bezugsrahmen kollektiv einer allumfassenden Nutzung unterlag. Jeder Akteur ersann autonome, harmonisch, melodisch, rhythmisch ausdifferenzierte Strukturen, die sich freizügig um tonale Zentren gruppierten, und in einer faszinierenden Klangmonade zusammenfanden. Im Zentrum dieser, die Strahlkraft und Generosität Lloyds. Vier „Dream Weaver“ auf ihrer tief bewegenden „Journey Within“.