DI 12. & MI 13. September 2017
Im Blau das Erbgut
CC JOP – CHRISTOPH CECH JAZZ ORCHESTRA PROJECT – Chapter Two: „Blue“
Wiederum auf seinen fulminanten orchestralen Klangkörper zurückgreifend, schlug Spiritus Rector Christoph Cech nun das zweite Kapitel auf. Mit weiteren handverlesenen Kompositionen aus seinem umfangreichen Oeuvre die um das Thema „Blue“ kreisen. Abgehandelt wurden vom Meister seine Erfahrungen, Begegnungen und die Auseinandersetzung mit dem Blues. Blue impliziert aber auch wienerische Lamorianz und Nörgelei sowie Melancholie. Befindlichkeiten die Cech mit „Feine Klinge“-Witz und Geschmack in seine reich figurierten Kompositionen, die nie in Überladung versinken, sonder mit Sinn für Aussparungen und variabler Dramaturgie auftrumpfen, einzubinden weiß. Also, dem Ur-Reservoir Blues, u.a. Manna der Jazzwelt, entlehnt Cech nicht ausschließlich die erdige Gewandung mit Rockapproach, da er gleichfalls, teils verklausuliert, dessen jazzimmanente „Abstract Truth“ nuanciert anstimmt. Bestechend aufs Neue war die Faktur der farbigen Arrangements, sowohl was deren rhythmische als auch harmonische Struktur betrifft. Und nicht zuletzt der grandiosen Umsetzung des gehabt nonkonform zusammengesetzten Jazzorchesters, diesmal -was auf der Hand lag- zuzüglich eines Bluesharp-Spielers, wegen. Doch Cech denkt, fühlt, handelt nicht nur als Formalist sondern ebenso als Improvisator. Das erklärt sein außerordentliches Vermögen punktgenau Impulse für die jeweiligen Solisten zu setzten, die folglich durch ihre organisch sich herauslösenden, assoziativen Momentempfindungen zur jeweiligen Klangsituation, die Stimmigkeit der Kompositionen abrunden. So war der Opener schon ein überwältigendes Erlebnis. Der Pianist ersann eine großartige Paraphrase auf Joe Zawinuls „Birdland“. Originell zerlegte, spiegelte, erweiterte Cech Melodielinien, Rhythmusgefüge und die Funktionsharmonien des Stückes. Aus dem Adler wurde ein Condor. Der Drive und der mächtig eigenwillige Sound waren jetzt schon einnehmend. Doch die folgenden Kompositionen ließen noch einiges mehr an druckvollen, massiven Klangwänden emporsteigen. Angestachelt von einer Rockenergetik nahestehenden, komplex konzipierten Grooves, die im Zusammenwirken mit ebenso vertrackten Melodierhythmen brodelnde Bewegungsimpulse auslösten. Assimilationen zu lenkenden Erneuerern eines pluralistischen Big Band Exposes, wie etwa Don Ellis oder Gil Evans, und weiters das Zitieren von Rockriffs, funky Hooklines handhabte Cech mit einer Findigkeit und Nutzbarkeit sondergleichen. Wie hinreißend war doch der Titel „Dolphyzism“, in dem er mit komplexen Arrangements die Persönlichkeit Eric Dolphys reflektierend, diesem eine stramme Lederjacke umhängte. Auch die Güte der MusikerInnen, viele ehemalige Studierende von Christoph Cech, sei nochmals angemerkt. Ihre Leidenschaft und Hingabe, das tiefe Verständnis von Cechs Klangwelt, gespickt mit einigen herausragenden Soli, stellten einmal mehr Christoph Cechs Ausnahmestellung als jazzaffiner Komponist außer Frage. Das auf dessen T-Shirt prangende Konterfei von Jimi Hendrix grinste am Ende übers ganze Gesicht. Vielleicht hatte sich der Gitarrenderwisch so seine Zusammenarbeit mit Gil Evans ausgemalt.