FR & SA 22. & 23. September 2017
Life Is A Long Song
SHEILA JORDAN/ PETER HERBERT/ RENATO CHICCO
Sheila Jordan (voc), Peter Herbert (b), Renato Chicco (p)
Und was für einen Song die mittlerweile als die Doyenne des Jazzgesanges geltende Sheila Jordan seit fast acht Jahrzenten anstimmt. Es ist ein Song über die Fülle des Lebens, das Menschsein, die Liebe zum Jazz. Die unvergessliche Begegnung mit Charlie Parker, die Beziehung zum Pianisten Duke Jordan und ihr Studium bei Lennie Tristano entfachten die „Jazzgene“ in ihr endgültig. Bereits Ende der 1940er Jahre entwickelte Jordan eine eigene Form des Vocalese. Ihre im Bebop verwurzelten Gesangslinien und Soli über Instrumentalchorusse, versah sie mit einer originellen bläsernahen Phrasierung. Im Zuge der Zusammenarbeit mit unzähligen bedeutenden Jazzstilisten verfeinerte die Musikerin ihre Kunst und führte diese speziell in „kammermusikalischen“ Besetzungen, wobei hier die Duette mit Bassisten hervorzuheben sind, zur Vollendung. Mit welcher Bravour, Selbstständigkeit und künstlerischen Freiheit sie ihre Songs/Musik und Standards wie beispielsweise „How Deep Is The Ocean“, „Falling In Love With Love“, „Ballad of The Sad Young Man“, „Dat Dere“ (lediglich die Überschrift der Abende „Hommage à Leonard Bernstein erschloss sich einem nicht, interpretierte Jordan doch nur zwei Songs des Meisters) weiterhin in gegenwärtige Juwele zu verwandeln vermag, legte die Ausnahmesängerin mit vor Vitalität und Spielwitz berstendem Gestus an diesen beiden Abenden offen. Enorme Größe zeugte auch davon, wie die Vokalistin altersbedingt mit partiellen Einschränkungen umzugehen und diese wirken zu lassen weiß. Jordan schuf Grund der ihr eigenen intuitiven Phantasie, unter Einbezug von Textfragmenten und Wortspielereien, neue Räume für die Umdeutung der Songs. Wobei dezidiert der Interaktion mit Bassist Peter Herbert die tragende Gewichtung zukam. Alleine wie er Jordans „Swing“, ihre melodischen Girlanden, deren rhythmischen Nuancierungen auf Händen trug, vor, hinter, mit dem Beat und um diesen herum spielte, war von außerordentlicher Exklusivität. Gekrönt wird sein Spiel durch seine Hingabe für den Sound. Getragen von einem warmen, vollblütigen Ton. Peter Herbert ist keiner der Töne in Mengen zusammenrafft und im Eiltempo abspult. Er versteht es mit dem Ton den Lebensnerv der Musik zu artikulieren. Pianist Renato Chicco soll keinesfalls überhört werden. Als ein hellwacher, punktgenauer Mitgestalter, der in der Jazzrhetorik firm ist, unterzog er die Basis- Changes der Songs immer wieder spannenden Wendungen. Schlussendlich agierte er ein wenig zu schulmeisterlich und formalistisch. Als Tüpfelchen auf dem I stimmten die drei einen herzzerreißenden Blues an, der sich vom „klassischen“ Zwölftakter zu einer quirlig boppenden Hommage an Charlie Parker wandelte. Faszinierende Rekapitulation eines Jazzlebens. Wahrhaftig, abgeklärt, einer ausgelassenen Dramatik ohne örtliche Sentimentalität folgend – als Indiz für Unkorrumpierbarkeit. …..and the song continues.