17. Oktober 2017
Von Hannes Schweiger

MO 16.Oktober 2017
Durchwachsenes Latein
MARIA JOAO & EGBERTO GISMONTI
Maria Joao (vocals), Egberto Gismonti (p, 10-string g)

Abseits des Bossa Nova und Samba – Mainstream hat der brasilianische Klavier- und Gitarren-Virtuose Gismonti sich eine höchst individuelle Klangsprache, verbunden mit der entsprechenden Formgebung, zurechtgelegt. Darin offenbart sich das stupende Vermögen einer ineinandergreifenden Synthese aus Diktionen klassischer Musik, von den sogenannten Impressionisten bis zu einzelnen Dodekaphonisten, Grundelementen der Musik der brasilianischen indigenen Ethnie und der rhythmisch/harmonischen Syntax respektive spontanen Imaginationskraft des Jazz. „Neue“ brasilianische Musik in der Nachfolge von Heitor Villa-Lobos könnte man Gismontis Musikatlas titulieren. Verortet mit poetischer Nachdrücklichkeit und flackernder Introsversion. Jene Charakteristika legte Gismonti eingangs in einem zwingenden Piano-Rezital mit erheblichem Schwung offen. Mit der ihm eigenen Phrasierung, Anschlagtechnik und Intonation, welche er ebenso gediegen auf die Gitarre überträgt, bündelte er ständig mutierende Motivketten - reich an harmonischer Exklusivität und melodierhythmischer Exaltiertheit. Ab dem folgenden „Danca das Cabecas“, Gismontis herausragendste Komposition, trat die als begnadetet Improvisatorin mit umfassenden stimmlichen Möglichkeiten gesegnete Vokalistin Maria Joao hinzu. Der sich in kürzester Zeit entfaltende, intensiv kommunikative Dialog, mit seinen atemberaubenden Unisonosequenzen, fantasievollen Verzierungen und improvisatorischen Kleinoden, generierte weiteres an Spannendem zu Erwartendes. Dessen Erfüllung harrte man allerdings über weite Strecken vergebens. Von einem, vorher Beschriebenes aufgreifenden Moment und einem kurzen unbegleiteten, expressiven Soundpoem Joaos abgesehen, verstieg sich der Dialog zusehends in eine Abfolge von Stücken, die einem ein wenig zu starren Format einer Art Kunstlied frönten. Stimmungsmäßig getragen, im Rubatotempo schwelgend, verlor sich die Musik in der Zähigkeit des Bewegungsimpulses. Zumal Joao durch ihre zu hartnäckige Konzentration auf den Diskantbereich, mit zwar immer wieder tollen Koloraturen, der Musik eine gewisse einseitige Determiniertheit verpasste – gefühlte Künstlichkeit inkludiert. Als Outro des Konzertes interpretierte das Duo eine Antonio Carlos Jobim Komposition dessen sehr offene Umsetzung bannende Berührtheit versprühte und essentiell Mögliches aufzeigte. Doch grosso modo war die Schlüssigkeit der Zusammenkunft von Joao und Gismonti grund ihrer Klangreize bedauerlicher, aber dennoch angedachter Weise, nicht erlebbar.