SO 29. Oktober 2017
Hoffnungsstränge der Einfachheit
HENRY TEXIER HOPE QUARTET
Henri Texier (b), Sebastian Texier (as, acl), Francois Corneloup (bs), Louis Moutin (dr)
Eine schlichte Rhythmusfigur am Korpus des Basses gespielt, die sodann nahtlos auf die Saiten übertragen und zu einem vereinnahmenden Ostinato verdichtete wurde, erklärte sich als zündender Funke eines umfassend atemberaubenden Konzertes. Der Musiker an eben jenem Bass war einer der Großmeister der dem europäischen Jazz der Post Bop Entwicklungen ein eigenständiges Profil gegeben hat. Texier ist zu einem Souverän gereift, der auf einem musikalischen wie menschlichen Qualitätslevel agiert, wo Musik mit einer Befreitheit, Wesenserfülltheit und einem Stehgreifzauber von natürlichstem Schwingungsgrad erschaffen wird. Über viele Jahre hat er seine Mitmusiker vollends darauf eingeschworen und ein sensorisches Interaktionsverständnis innerhalb des Quartetts etabliert. Wie schön ist doch der Name Hope Quartet. Alleine der tut der Psychohygiene gut und diese Lingua Jazz erst. Zurück zum wunderbaren Bass-Riff, deren Unzählige Texier fortan seinen Saiten entlockte. Jene Figuren unterzog er ständigen, spontangenerierten Mutationen, die einem unerschöpflichen Phantasiereservoir zu entspringen schienen. Gleichwohl waren diese die impulsgebende Instanz, deren eine weitere Tugend die Zurücknahme war. Als substantiell für die Gewichtung dieses Jazzhauses deklarierte sich, daraus resultierend, eine kollektiv gelebte Eindringlichkeit der Simplizität, eine unprätentiöse Wärme im Ausdruck – gepaart mit einem sensationellen Verständnis von Melos. Raffiniert einerseits, schnörkellos andererseits. Je nachdem nach was den Musikern der Sinn stand. Keimzellen der Stücke sind prägnante Themenkomplexe von tonaler Natur, häufig einem chromatischen Kontext ergeben. Die beiden Bläser, Texiers Sohn Sebastian als quirliger Altist und Corneloup mit cooler Tonbildung und mulliganscher Eleganz am Bariton, materialisierten die Motive wechselweise in präzisem Unisono oder mit geradliniger kontrapunktischer Feinjustierung. So sehr die thematischen Bezugsrahmen, inspiriert, wie Texier erläuterte, von traditionellen Musiken der indigenen Völker Nord- und Südamerikas, zudem originell verstrickt mit den Errungenschaften seit der Be Bop-Revolution, für die Improvisationen einen wesentlichen Nährboden bildeten und deren Melodiebetontheit verstärkten, konnten die musizierenden „Hoffnungsträger“ schon auch mal „ungezogen“ sein und das Funktionsgerüst außen vor lassen. Da expandierten die Saxophonisten genüsslich in reine Klangschichtungen, Texier integrierte in seine geschmeidigen „Impromptus“ treibende perkussive Partikel und der fulminante Drummer Moutin schüttete ein Füllhorn an hypnotischen Rhythmuspatter aus, die er permanent variierte und mit ständig neuen Nuancen anreicherte. Exorbitant hierbei, wie in sich stimmig und wohldosiert die Equipe Hand anlegte. Freiheit, Gleichheit, Menschlichkeit als wahrhaftig gelebte Fiktion. Jazz im Gegenwarts- Zeitfenster wie er dringlicher nicht formuliert werden kann. Eine Offenbarung – die Hoffnung verklingt zuletzt.