SA 11. November 2017
Zone der Wahrheiten
MARIO ROM´S INTERZONE „Truth Is Simple To Consume“
Mario Rom (tp), Lukas Kranzelbinder (b), Herbert Pirker (dr)
Ein Konzertabend dessen Konsumation, grund der Fulminanz des Musikalischen im Einklang mit einer Überdosis Spielfreude, wahrlich ein riesen Vergnügen darstellte. Man konnte sich an der freigesetzten Energie, den überbordenden positiven Vibes genüsslich delektieren. Ein Labsal nach all den in den vorangegangenen Monaten von statten gegangenen innenpolitischen Geschmacklosig- und Niederträchtigkeiten inklusive Wahlausgang. Glücklicherweise ist der Jazz kein Boden für „Fakes“, welcher Art auch immer. Entweder man kann´s oder man kann´s nicht.
Wahr ist, die drei exzellenten Musiker können es, ohne wenn und aber.
Wahr ist, dass sie zu den Lichtgestalten im Gegenwarts-Jazzzirkel hier- wie dortzulande zählen.
Wahr ist, dass jeder für sich zu einem charismatischen Stilisten, der den Wesenskern der Musik herausschälen möchte, gereift ist. Bravouröse technische Fertigkeit dient als Mittel zum Zweck.
Wahr ist, die drei brennen für den Jazz. Und der Umgang mit dessen „Bausteinen“ geht ihnen mit „Leichtsinn“ und „Leichtfertigkeit“ von der Hand. Mühelos, mit fliegendem Swing und einem Eigenleben anvertraut werden diverse jazzgeschichtliche „Zeitzonen“ ab der Bebop Evolution mit tiefem Respekt, aber auch nötiger Freimütigkeit „interzonal“ ausgeleuchtet. Hört die Zwischentöne. Die Performance explodierte mit einer rasenden Tour de Force. Mario Rom pendelte, kreativ berstend sowie dramaturgisch gewieft, in seinen Improvisationen zwischen peitschenden Energie-Klang-Stößen und fassettenreichen Motivabfolgen. Seine Melodierhythmik, die gelegentlich zerbröselte und oftmals gegenläufig zu den Bewegungsmustern von Bass und Schlagzeug ausgelegt war, bewirkte eine nie verebbende Spannungsintensität. Dahingehend legten Kranzelbinder und Pirker in einem Ideenrausch voll unerwarteter Wendungen, Temporückungen und Akzentverschiebungen, da tauchte schon einmal eine rockige Färbung oder eine fettes Bass-Riff auf, jederzeit ein Schäufelchen nach. Da keine harmonischen Verbindlichkeiten bestanden, berührte die Musik mit purer Unmittelbarkeit. Ein Fest für Melodie, Klang, Rhythmus – gespeist von der bestechenden Präzision des Zusammenspieles. So jagte eine verblüffende Ereignishaftigkeit die andere, in denen neben expansiver Narrativik ebenso einem poetischen Erzählstrang Platz zugedacht wurde. Zusätzliche Würze verabreichten die „Interzoniker“ ihrem modalen Jazzkosmos unter geschmackssicherer Beigabe von hintergründigem Humor.
Wahr ist, dass sie angesichts einer reduktionistischen Besetzung einen speziellen, satten Band-Sound ausgetüftelt haben. Der beschert ihnen eine ziemliche Ausnahmestellung.
Wahr ist, dass enorme Freude aufkommt zu hören, wenn der große Jazznachlass derart profund und belebend weitergedacht wird.
Wahr ist, dass das Trio fast ausnahmslos eigene Stücke spielt – straight on the edge.
Wahr ist: So einfach kann´s sein mit der Wahrheit. Ein wahrer Klang gelassen ausgespielt.