14. März 2018
Von Hannes Schweiger

FR  13. April 2018
Wir blättern im Rockliederbuch oder Heldentaten aufgefrischt
JCM feat. JON HISEMAN/CLEM CLEMPSON/MARK CLARKE
Jon Hiseman (dr), Clem Clempson (g, voc), Mark Clarke (b, voc)

Helden spielen Helden. „Heroes“ taufte dieses rockilluminatorische Dreier-Kollektiv sein Liederprogramm, mit dem es die gemeinsame juvenile Blütezeit bzw. die getrennten Schritte jedes einzelnen während des absoluten kreativen Hochs des Rock, zwischen 1965 und 1975, revuepassieren lässt. Gemäß diesem Ansatz stellt sich eine Tribute Idee unter etwas anderen Lauten dar. Weil nämlich alle drei Protagonisten bei der Klangwerdung bzw. Mitgestaltung jener Musik an prominenter Stelle vertreten und bei den meisten der präsentierten Stücke einst als Ausführende involviert waren. Zudem ist das Projekt als Verbeugung vor all den großartigen, verstorbenen Mitstreiter gedacht. Das Trio zitierte aus dem „Real Book“ des Rock Songs von Colosseum, Humble Pie, Tempest. Colosseum II, Graham Bond und etliches einer Lichtgestalt dieser progressiven Ästhetik, von Jack Bruce. Ausgewählt wurden jedoch nicht die Gassenhauer, sondern die weniger beachteten Werke des Oeuvres. Beispielsweise Bruce´ „Morning Story“ oder „Weird Of Hermiston“, Colosseums „The Kettle“ oder Graham Bonds „Only Sixteen“. Auch funktioniert die Musik, will man sie so hören, wunderbar als Soundtrack für eine Reminiszenz des Jubiläumsjahres 1968, in dem Hiseman Colosseum gründete. „Wie ein Sommer von damals“-Flair verbreitete das zahlreich herbeigeströmte Publikum. Großteils „When I´m Sixty Four“ and more dürften all jene Kleidungsreliquien von einst hervorgeholt haben, streckten die Arme mit zu Peace-Zeichen geformten Fingern in die Luft, rekelten fallweise ihre Körper tranceartig zur Musik und bei dem einen oder anderen verschaffte sich Erleichterung Luft, dass das Ertönende nicht zu „jazzig“ war. Rührend. Im Zuge des ersten Sets ließen es die drei Altmeister zunächst gemächlich angehen, schwelgten im Slow Tempo, wobei sich Hiseman fast ausschließlich den Grundschlagakzenten zuwendete und seine versprengten Fills außen vor ließ. Allerdings verkeilten sich die Musiker ein wenig zu sehr in den funktionsharmonischen Schemata der Songs und die Riffabfolgen lahmten gleichfalls. Das Ganze versprühte eher eine Fünf Uhr Tee-Dramatik. Warmspielen mit rocknormativen Stereotypen. Mit Verlaub, mit 70 plus ist das schon erlaubt. Auffallend war dennoch gleich, wie eloquent sich Clarke hinsichtlich Timbre und Phrasierung Bruce´ Gesang annäherte und die oftmals vertrackten Melodielinien und –rhythmen nachvollziehen konnte. Was die Musiker nach wie vor an improvisatorischem Imaginationsvermögen im Rahmen des Idioms und spritziger Agilität im Köcher haben blitze auf. Im zweiten Set ließen sie die Katze aus dem Sack und rockten das Haus mit Spielwut und Herzenslust. Rudimente aus Blues, Rock, Jazz wirbelte das Trio mit gezieltem Endzustand an Geschlossenheit, Dynamikbandbreite und emotionaler Intensität durcheinander. Optimaler Grundstock hierfür waren Stücke aus der Feder  von Larry Coryell-„The Real Great Escape“, Gary Moore-„The Inquisition“ oder Bruce-„Theme For An Imaginary Western“. Es ging harmonisch ausgedehnter und chromatischer zu. Clempson und Clarke praktizierten nun ein aufregendes Gegeneinander im Melodieverlauf. Erster explodierte solistisch bei dem Humble Pie Song „Four Day Creep“.  Bebende Jazzrock-Momente angesichts derer Hiseman sein variationsreiches Rhythmusgeschick in asymmetrischer Artikulation auspackte, brachen hervor bzw. wurde ein fantastischer eigenmächtiger Melodienfundus ausgebreitet. Die Zugabe leitete Hiseman mit einem intelligent strukturierten, von Parade-Drumming Mustern ausgehenden, melodisch orientierten Solo ein. Bemerkenswert mit welchem Feingefühl er zudem die Trommeln und das Blech seines Sets abgestimmt hat. Da offenbarte sich sein Jazz-Aphorismus. So sympathisch, unsentimental, veritabel kann geschichtsträchtiger Heldenmut nacherzählt werden.