17. Mai 2018
Von Hannes Schweiger

MI 16. Mai 2018
In The Tradition Of Jamming
THOMAS GANSCH QUINTET
Thomas Gansch (tp, flh), Fabian Rucker (as, ss), Lawrence Fields (p), Robert Riegler (e-b), Herbert Pirker (dr)

Es sollte der Comeback-Anstoß der, bis zu seinem Rückzug aus der Jazzszene, bemerkenswert verlaufenden Karriere des saxophonierenden Ausnahmetalentes Wolfgang Schiftner werden. Der Wolfgang Schiftner, der Anfang der 2000er Jahre die Jazzwerkstatt Wien mitbegründete und folglich mit dem Trio Kelomat auszog die heimische Szene aufzuforsten und gleichfalls international ein ziemliches Echo provozierte. Doch es sollte nicht sein, denn, so verkündete Gansch, zwinge ihn, Schiftner, eine kurzfristig erlittene Lippenverletzung zu vorübergehender Inaktivität. Zu allem Überdruss konnte auch der ursprünglich involvierte Bassist Reggie Washington, grund eines Streiks, seinen Flug nicht antreten. Doch Gansch bat kurzerhand mit sicherem Gespür zwei hervorragende neue Mitmusiker aus dem brodelnden heimischen Jazzzirkel in das jetzt nun unter seinem Namen firmierende Kollektiv. Rucker und Riegler. Den geänderten Umständen geschuldet, konnte man verständlicher Weise keine konzeptionellen Kapriolen schlagen. Diese Möglichkeit wurde aber dafür von den allesamt großartigen Musikern solistisch weidlichst zum Prinzip erhoben. Ausgehend von teils knappen, einfacher konnotierten,  teils komplexer angelegten Themen, derer jeder Musiker welche beisteuerte, mit einem Überhang von Gansch, und die ein durchaus frisches Verständnis des Hard Bop-Idioms pflegten, speisten die Akteure ihre Improvisationen mit Esprit, energiestrotzender Expressivität und abholender Spiellaune wie feinsinnigem Spielwitz. Bevorzugten der afro-amerikanische Pianist Lawrence Fields, ausgestattet mit brillanter Spielkultur, und Trompetenkapazunder Gansch das Umfeld konventioneller Jazzauffassung mit den obligaten Changesabhandlungen, denen Gansch diesbezüglich jedoch ungemein eigenwillig einfallsreich und belebend auf die Sprünge half, lösten sich die drei anderen Virtuosen ab und an, mit aufwühlenden Kehrtwendungen, von tradierten Kriterien. Klangliche Erweiterungen, harmonische/melodische Umdeutungen und Ausschweifungen, rhythmische Ausdifferenzierungen in teils atemberaubenden Schichtungen, auf die sich die Band analog zum Hard Bop speziell konzentrierte, gingen mühelos Hand in Hand. Gerade das rhythmische Fundament sorgte unentwegt für unaufhörliche Bewegungsdynamik und taktvolle Überraschungen. Aufbereitet vom rhythmischen Epizentrum des Quintetts, dem famosen Herbert Pirker. Mit sensationellem Pep und Punch platzierte er in das swingende, boppige Grundgerüst Reggea oder Techno-Abwandlungen, ließ seine  Akzentuierungen  „funken“ und platzierte sie mit verblüffender Lockerheit vor, hinter, auf den Beat oder brachte mit unerwarteten Stops die Spannung zum zerreißen. Immer eng verschränkt mit den feisten, variablen Basslinien. Das ließ die kontrapunktischen Kabinettstückchen, gelegentlich der einen oder anderen Seichtheit zugeneigt, die Gansch und Rucker abfeierten, zusätzlich glänzen. Der  Trip war alles andere als ein Jammen um dessen Willen sondern ein spannungsvariabel dramatisierter Schaffensprozess eines „klassizistischen“ Jazzkontinuums, das sich einer „Wurzelbehandlung“ mit Hingabe und Aufgeklärtheit im Zeitfluss widmete.