27. Mai 2018
Von Hannes Schweiger

SA 26. Mai 2018
Drumophone
DEREK BROWN „BEATBOX  SAX“
Derek Brown (ts, voc, effects)

Coleman Hawkins war der erste – in den 1940er Jahren -, der ein unbegleitetes Saxophonsolo mit dem Titel „Picasso“ aufnahm. Erst die Avantgardeströmungen zwanzig Jahre später griffen diese Präsentations- /Ausdrucksform wieder auf und etablierten das Saxophon-Rezital als eigenständigen, herausfordernden Schaffensprozess des Jazz. Anthony Braxton, baldigst im Club zu hören, war diesbezüglich der bahnbrechende Initiator. Der weitere Verlauf ist Geschichte. In unseren Tagen haben der Kanadier Colin Stetson und eben der junge amerikanische Musiker Derek Brown höchst originäre, kreativbeflissene Zugänge zu dieser Darstellungspraxis entwickelt. Während Stetson eine progressive Richtung verfolgt, tendiert Brown zu popmusikalischer Gegenwart mit Jazzbestäubung. Die Betonung liegt bei ihm auf tanzbarem Groove mit kleinen rhythmischen Finessen, ergänzt um eingängigen Melos, gelegentlich aufgeraut mit einigen trashigen Klangfarben. Auftakt des Konzertes war eine kurze, eindeutig jazzkonditionierte Ballade, der umgehendst  besagte knochentrockene, umwegbefreite Beatsequenzen folgten. Mit beeindruckenden Ansatz- und Anblastechniken, wofür er auch einige Entwicklungen des Beat-Boxing adaptiert hat, erzielt er eine erstaunliche Zweistimmigkeit. In dem er über perkussiv-rhythmischen Ostinatos, melodie-rhythmische Motive, geringfügig variiert und ebenfalls loopmäßig angelegt, schichtete. Häufig begleitet von der Grundbeat-Akzentuierung mittels Metallringen am Saxophonkörper oder einer elektronischen Kick-Drum. Teils waren die kompakten Stücke richtige „Dancefloor“-Kracher mit erheblicher motorischer Elastizität. Ansatzpunkte waren Eigen- wie auch Fremdmaterial. Unter anderem faschierte er Bachs „Präludium & Fuge in C-Dur“ und Police´ „Every Breath You Take“, bot eine grenzwertige Version von „Somewhere Over The Rainbow“ im Dialog mit seinem aus dem Smartphone, das er im Becher seines Tenors versenkte, schmachtenden Vater dar, ließ es andererseits mitreißend über Hancocks „Chameleon“ funken oder verpasste einer Ellington-Ballade einen berührenden, aktuellen Slow-Groove. All seine technischen Fertigkeiten beförderten in diesen Momenten ausschließlich das Musikalische. Nicht minder beachtlich ist Browns Überlappung von Gesangslinien und seinem „Saxophone-Drumming“. Erstaunlich wie er dabei blitzschnell hin und her wechselt und millimetergenau wieder den Ansatz trifft. Ergebnis waren leider nur belanglos nette Singer-Songwriter Blüten, wie sie heute so sprießen. Somit kann dem Musikwerk inhaltlich lediglich Durchwachsenheit bescheinigt werden, da die relativ geringe Differenziertheit des Materials mit Fortdauer Langatmigkeit beförderte und Brown einige Texturen sich nicht wirklich auswachsen ließ. Auch könnte die fixe Konstruktivität der Stücke improvisatorische Unruhe gut vertragen. Die Möglichkeiten sind in Browns Können unüberhörbar angelegt- und hungrig ist er. Jede Menge Sympathie verbreitete er außerdem durch eine typisch amerikanische, recht unterhaltsame „Personality Show“. Alles in allem eine Begegnung die Vergnügliches und einiges musikalisch Mehrwertiges offerierte.