SA 22. September 2018
Four Sounding Beings
FRONTTON feat. GERRY HEMINGWAY
Yosvany Quintero (cl, bcl, ts), Pelayo F. Arrizabalaga (tt), Dominik Dolega (vibes, perc), Gerry Hemingway(dr, perc, voice)
Einer der Schlagzeuger, die permanent auf sound- und rhythmusbezogener Forschungsreise sind, ist der US-Amerikaner Gerry Hemingway. Gegenwärtig in der Schweiz lebend, dort an der Musikhochschule Luzern lehrend, ist klarerweise im selbigen Experimental-Jazz Zirkel ein wichtiger Bereich seiner musikalisch-kreative Homebase angesiedelt. Das ebenfalls in der Schweiz ansässige Elektroakustik Trio Frontton, gebildet aus dem Kubaner Quintero, dem Spanier Arrizabalaga und dem Schweizer Dolega, hat zwecks weiterer rhythmischer Ausdifferenzierung ihrer feinstofflichen, auf äußerst sensitiver Interaktion fußenden Ästhetik, sich mit dem ausgewiesenen Meister autonom abstrakter, von mikrokosmischem Puls angeregter Kolorierung kurzgeschlossen. Gleichgesinnte im Geiste haben sich hier auf Basis weitestgehend freier Improvisation, mit maximal rudimentärer Vorbestimmung, ein subjektiv abgehandeltes Habitat erschlossen. Eben dort eingeschrieben ist der Klang als Zentralgestirn. Organisiert in abstrakter Zeitgliederung, von der Substanz her von perkussivem Charakter, mit kleinen melodischen Maelströmen durchsetzt. Hemingway übernahm von Beginn der Performance an die Rolle des Impulsgebers. Gleichwohl was Klangqualitäten als auch spontane Formentwicklungen betraf. Belege wiederum für sein famoses Können als Improvisator. Sobald sich eine Leerstelle in der Kommunikation auftat, war Hemingway mit einem Schlag zur Stelle. Die Details wurden unmittelbar wieder greller, bissiger und abrupter formuliert. Unter Bedacht auf Entschleunigung, Sparsamkeit im Ereignis, kontemplativer Kauzigkeit, repetitiver Motivik und herabgestufter Lautstärke wurde den Klängen ihre Umgebung geschaffen. Permanent stattfindende Feinabstimmungen in der agogischen Bandbreite und der dynamischen Variabilität waren immer Folge der ausgeprägten Kollektivhaltung. Da bestückte jeder der vier „eigen-artigen“ Stilisten mit gebannten Klanggesten ein gleißendes Ereignisganzes. Auffallend integrativ, in der Art nicht oft der Fall, gestaltete der „Plattenspieler“ mit seinen konservierten Sounds sein Tun. Entweder auf rhythmische Maserungen, die im Zusammenspiel Hemingways mit dem exakt getimt agierenden Perkussionisten verwegene Verläufe annahm, oder reduktionistische, sperrige Melodieverwinkelungen eingehend. Angesichts der offenen Figuration, in die avancierte Jazzingredienzien, wie etwaige der aufgeklärten Kunstmusik des 20. Jhdts - um ihren Nährwert wissend - eingewoben sind, lag ein großer Spannungsmoment in der festgezurrten Fragilität dieser Tonfrontalitäten. Jene darin schwingende Unmittelbarkeit im Verbund mit Anrührung, waren den wahrhaftigen emotionalen Tiefenperspektiven der Klangphantasten zuzuschreiben. Im Hörrausch der Töne lebte das Quartett seine Obsession. ZeitgenossInnen, höret auch die Gegentöne.