6. Mai 2019
Von Hannes Schweiger

MI 24. April 2019
In The Key With Drum & Bass
THE NEW STANDARD TRIO feat. JAMIE SAFT, STEVE SWALLOW & BOBBY PREVITE
Jamie Saft (p, hammond), Steve Swallow (e-b), Bobby Previte (dr)

Nicht von ungefähr stand der „Grandmaster-Bass“ Steve Swallow in der Mitte der Bühne. Mit spielerischer wie ausstrahlungsmäßiger Generosität umhüllte bzw. vernetzte er, der noch immer prägendste, einflussreichste E-Bassist über Genregrenzen hinweg, mit gereiftester Umsicht den impulsiven, oft ruhelosen Input seiner ein, zwei Generationen jüngerer Partner.

Links von ihm Jamie Saft, zwischen Piano und Hammond B3 wechselnd, der eine Art pankonventionellen Stil aus Jazz- und Rockartefakten kreiert hat – radikale Brüche jederzeit willkommen, rechts Bobby Previte, rhythmische und perkussivklangliche Kabinettstückchen um Kabinettstückchen aufschlagend. Über den Titel „The New Standard“ könnte man jetzt diverse Mutmaßungen anstellen. Wird ein neuer Standard im Interplay gepriesen? Sind hier neue Standards vorherhörbar? Nur nebuloses Theoretisieren. Fest steht, dass das Trio im Rahmen von klassischen Jazzfunktionsweisen, mit besonderem Hang zur soulig/funkigen Nuance, ein eigenes, progressiv angedachtes Koordinatensystem, das auch vorbehaltlos an Rocktugenden andockt, für die zumeist kollektiv erarbeiteten Stücke ausgetüftelt hat. Eine beeindruckende Synchronizität gibt den Ausschlag. Saft hantierte am Flügel dosiert mit Mikrotonalitäten um die herum er sein chromatisch dominiertes Spiel gruppierte. Grundtenor war darin ein verschrobener, der Bill Evans-Schule entspringender, unsentimentaler Lyrismus den er in flüssigen Bewegungen konsequent in tynereske Blockakkordik und Ostinate überleitete. Orgelnd, was er mit deutlich vehementerer Energie betrieb, spannte Saft die Leine von Jimmy Smith zu Jon Lord und Keith Emerson. Herrlich verrückt anzuhören in Versionen von „Moonlight in Vermont“ oder Hendrix´ „Angels“; trotzdem wäre, was Safts musikalisches Fluidum betrifft, noch Luft nach oben. Zurück zum Kollektiv: ohne die konkrete Rhythmisierung, außerordentliche Plastizität und Wendigkeit stets zur Hand, durch Swallows solitäre Akkord- /Singleline-Kunst, gehüllt in jenes ausnehmend individuelle Soundkokon, und dem satt federnden Groovemagnetismus von Previte, der ständig die aberwitzigsten Ornamentierungen, wie nur wenige Drummer sie so situationselastisch einzusetzen in der Lage sind, vornahm, würde dieser Improvisationskodex nur das drittel Vergnügen bereiten.

Swallow und Previte steuerten souverän die kinetische Energie. Akzentuierungen erfolgten, sich permanent verlagernd, vor, hinter, auf dem Beat. Ebenso wie das Taktgefüge elegant durcheinander gemischt wurde. Egal ob Blues-, Jazz- oder Rock-Timing; alles floss bedingend zusammen.  Das Trio agiert auf einem exorbitant hohen Standard und Standards wie beispielweise Bill Evans „Re: Person I Knew“ oder Burt Bacharachs „Alfi“ revitalisierte das Triumvirat mit unverdrossener Leidenschaft. Packende Novitäten, hier wie dort, in eigener Sache.