15. Juni 2019
Von Hannes Schweiger

DI 11.06. 2019
FAnTastisch – viel  mehr und nicht weniger
FAT – FABULOUS AUSTRIAN TRIO
Alex Machacek (e-g), Raphael Preuschl (e-b), Herbert Pirker (dr, sample)

Wenn jemand sich ein Adjektiv wie fabulous in seinen Bandnamen schreibt, könnte einem die Vermutung einer gewissen Großmannsucht in den Sinn kommen. Kennt man jedoch den überspitzten, superben Schmäh von Alex Machacek, den er einige Male zum Besten gab – betreffend Familiäres bis hin zum innenpolitischen „Inselwitz“ - ist klar wie´s gemeint ist. Doch dann kommt´s: Hört man die Musik von FAT, ist man zur Feststellung geneigt, fabulous ist ja direkt zurückhaltende Tiefstapelei. Jetzt weiß man ja schon seit längerem, dass das Trio eine bemerkenswert interagierende Einheit ist, musikalisch die Synthese der Materialstände Jazz und Rock beharrlich und unbeirrt einer neuen Qualitätsstufe zugeführt hat und instrumentaltechnisch oberhalb der Baumgrenze daheim ist. Was die „FATalisten“ aber an diesem Abend abzogen, war schlicht und einfach überragend. Inhaltlich, gruppendynamisch, hinsichtlich der Konfiguration der Musik. Makro- wie mikrostrukturell. Elektrische Jack oder Rozz-Ästhetik von stilbildender Kultur. Wobei das Trio sich weder in die eine noch in die andere Richtung mit Verbissenheit hinwendet. Die Wesenheiten beider Idiome gehen uneingeschränkt ineinander auf. Virtuosität ist dabei immer Fördermittel des Musikalischen. Mit ihrem essentiellen Konglomerat bilden die drei die Speerspitze einer Post-Jazz Rock Fusionabhandlung, die der diesbezügliche Pionier, der englische Gitarrist/ikonenhafte Stilist Allan Holdsworth bahnbrechend einleitete und endgültig etablierte. Das daraus resultierende eigenständige Vokabular, in dem das Essentielle beider Welten mitschwingt, wird bei FAT noch detailreicher und vor allem rhythmisch noch exzentrischer unter die Lupe genommen. Nuancierte Schwellklänge, anhand diverser Effektgeräte fein abgestimmt, orgelnahe Legato-Sheets aus unorthodoxen Akkordbauten spickte Machacek mit findigen Single Note-Melismen. Keinen Moment verirrte er sich in diffusem Gefrickel. Artikulation, Phrasierung, Tonbildung waren immer transparent und präzise skizziert. Zur rhythmischen Ebene: hier stößt man an die Grenzen des in Worte Fassbaren. Gut so. Man muss es hören, erleben wie Herbert Pirker unvorstellbarste Akzentuierungen setzt, Asymmetrien mit Lust und Selbstverständnis übereinanderschichtet. Rhythmen dekliniert und polymetrisiert, Tempowechsel und Dynamikschattierungen bündelt. Changierend zwischen Raserei und Lehnstuhl-Gestik. Mit atemberaubenden Triolen-, Sextolen-, sonstigen tollen „-tolen“- und Paradiddlezaubereien. Selbst Binär-Rhythmen lässt Pirker aus der Reihe tanzen. Fintenreich nahm Raphael Preuschl mit fast stoischer Gelassenheit in exakter Time auf das vertrackt Harmonische wie Motorische seiner Partner Bezug. Entlang der Funktionsharmonien und den Skalen der Stücke entwickelte er völlig eigenständige, korrespondierende Linien. Überraschenden Wendungen verlieh er potenzierende Intensitätsschübe. Umhüllender, massiver Tiefklang den der Bassist in seinen Soli auf perkussiv pointiert umschaltete. Einzelne modal konnotierte Improvisationen, eher kurz gehalten aber immens schlüssig, standen immer im Brennpunkt der kompositorischen Entwürfe. Häufig explodierten sie aber in famosem Kollektivduktus. Eine Prämisse des Trios, zu der noch die Errichtung eines signifikanten Gruppensounds, durch die egalitäre Position dreier ausgeprägter Identitäten, hinzukommt. Präsenter, unbändiger Spielwitz kulminierte schon auch einmal in martialischen Metaleinschüben, bruitistischen Klangflächen oder launiger Discofunkyness. FAT definieren Fusion als offene Stilistik, auf dem Nährboden Jazz, die sich keinerlei Einflüssen versperrt und Berührungsängste von sich weist. Sie bekleiden gegenwärtig in dieser Formgebung eine Ausnahmestellung. Weltklasse.