4. Oktober 2019
Von Hannes Schweiger

MI 02. Oktober 2010
Blindflug mit Navigationsverlust
The Stone In Europe
WENDY EISENBERG TRIO
Wendy Eisenberg (e-g), Trevor Dunn (e-b), Ches Smith (dr)

Ihr curriculum vitae weist zwei doch recht unterschiedliche musikalische Neigungen auf. Nachdem was darüber berichtet wurde, gelingt Wendy Eisenberg ein konvergierender Brückenschlag zwischen jenen beiden Verwirklichungsweisen. Bestimmend dafür ihr äußerst unkonventioneller, geräuschimmanenter Gitarrenstil. Auf der einen Seite stürzt sie sich mit ihrer Musik in einen vorgabenfreien Kontext, auf der anderen tüftelt sie Songs zwischen Neo-Punk, Noise und Metal aus. Stupende Gitarrentechnik macht vieles möglich, ist aber nie vordergründig dominant. Mit ihrem Trio, das die beiden umtriebigen, etablierten Musiker Trevor Dunn und Ches Smith vervollständigen, pflegt die junge, in Europa weitestgehend unbekannte Gitarristin Kommunikation mittels freier Improvisation. Maximal rudimentäre Head-Arrangements, die sich wenn überhaupt rein auf Stimmungen und Dynamiknuancen beziehen, könnten im Spiel sein. Klangfarbenspiel, die ganzen regulären und erweiterten Möglichkeiten der Instrumente umfassend, ad hoc entworfene Gruppendynamik/Form im Verbund spontanen Interplays ist der bedingungslose Ansatz. Spalt und Splitterklänge, trockene atonale Mäander, harmonische Alterationen, Geräuschbrüche prägten den Beginn der ersten, einen Set füllenden Improvisation seitens Eisenbergs. Smith warf krachende Einzelschläge ein und vom Bass war anfänglich nur niederfrequentes vibrieren zu vernehmen. Nachfolgend breitete der Schlagzeuger jenen wohlbekannten, metrisch entkoppelten rhythmischen Flow aus. Pulsationen auf dem Ride-Becken, aperiodische Fills, Rhythmusbögen. Der Bassist hantierte sodann auffällig häufig an seinem Effectboard herum, dennoch trat nicht viel mehr als ein indifferentes Wummern zu Tage. Es baute sich kein Bandsound auf. Nicht zuletzt deswegen, weil die MusikerInnen zu separiert agierten. Aufgegriffene Kommunikationsstränge fransten immer wieder aufs Neue aus. Der Ereignisprozess kam nicht in Gang. Eisenberg wirkte nicht wirklich gelöst. Zu oft griff sie etüdenhaft wirkende Arpeggien auf oder repetierte die immer gleichen Akkordbrechungen. Selbst wenn sie dann verschachtelte Tonfolgen auslegte, der Energielevel stieg, die Dichte zunahm, mündete das Geschehen primär in einen stereotypen Free Jazz-Mainstream. Klangqualitäten, Klanggesten waren nur allzu bekannt. Im zweiten Set ereignete sich ebenso wenig eine grundlegende Umorientierung. Ein Versuch der Zurücknahme verlor seinen Spannungsgehalt in einem statischen Pianissimo. Das Trio schalltete danach wieder in den Up Tempo-Gang. Fand aber wiederum nicht des Pudels Kern. Drei technisch beschlagene Musiker, keine Frage, aber in dieser Konstellation bräuchten sie ein ihnen auf den Leib geschriebenes Konzept. Oder eben doch noch einiges an Zeit um die Steine rollen lassen zu können. „Stone Free“ sozusagen.