DO 29. OKTOBER 2015
Alto-Madness
GARY BARTZ QUARTET
Gary Bartz (as, ss, voice), Barney McAll (p), James King (b), Greg Bandy (dr)
SA 31. OKTOBER 2015
LEE KONITZ & JEFF DENSON TRIO
Lee Konitz (as, voice), Dan Zemelman (p), Jeff Denson (b, vocals), Alan Hall (dr)
Auch er, Gary Bartz, erlangte die letztendliche Schärfung seines musikalischen Profils durch die Zusammenarbeit mit Miles Davis in den frühen 1970er Jahren. Diese Zusammenarbeit ließ ihn auch das musikalisch Eigene finden. Eine Musik von hymnisch singender Intensität mit markanten melodischen Themen und packenden Grooves in denen das afrikanische Vermächtnis mitschwingt und das Jazzerbe mit Soul und Funkbezügen aufgefettet wird. Von nach wie vor schneidener Prägnanz ist sein Ton und seinem intonationssicheren Spiel ist noch immer jene überraschende Flexibilität eigen. Mit dem Alter, das unterstrich dieses Konzert, ist auch Bartz konformistischer geworden und deutlich dem konventionellen Jazzduktus zugetan. Wiewohl er in einer launigen Ansage betonte, dass er, wie soviele andere seiner KollegInnen, den Begriff Jazz ablehne. Darin manifestiert sich eine afro-amerikanische Haltung.Der Saxophonist brachte eine solide Band mit, die ihm den Nährboden für seine phantasievollen Improvisationen bereitete. Dennoch ließen auch Bartz´ Partner, vom Drummer abgesehen, improvisatorische Einfallskraft einfließen. Vor allem Pianist McAll, der „Benjamin“ und einzige Weiße der Truppe, war diesbezüglich auffallend und er hielt neben dem harmonischen ebenso das rhythmische Gerüst beisammen, was den zeitweilig sich in zu viel Lässigkeit und Ungenauigkeit verlierenden Schlagzeuger entlastete. Gelegentlich hatte dessen Agieren etwas freimütig Sympatisches an sich, doch mit Fortdauer brachte er die Musik immer wieder in zerfransende, unrunde Bewegung. Am Ende wars ein lebendiges, authentisches Momentschaffen einer charismatischen Jazzpersönlichkeit. Weniger „Uhuru Bush Music“, als vielmehr „52nd Street“-Reminiszenz.
Ein völlig diametraler Ästhet ist der 1927 (!!) geborene Altsaxophonist Lee Konitz, einer der letzten noch lebenden Giganten des Jazz. Einer der nachhaltig Jazzgeschichte geschrieben hat, diese noch immer belebt, neue Klangqualitäten eingebracht hat und die sogenannte „Cool“-Ästhetik neben Lennie Tristano entscheidend prägte. Seine von einem vibratolosen Ton, der mittlerweile einen luftige Expressivität aufweist, gekennzeichnete Legatospielweise, die er zu eindringlichen Klangbändern, die im Mezzoforte-Bereich herumflanieren, verknüpft, hat nichts an Eleganz, Frische und Imaginationskraft verloren. An diesem Abend konnte man beeindruckt und ehrfürchtig Zeuge davon werden. Mit den um sicher vierzig Jahre jüngeren Partnern des Jeff Denson Trios, mit dem Konitz seit einigen Jahren arbeitet, hat er kongeniale Klangpoeten gefunden. Welche, die seinen kautzigen Lyrismus und dessen lineare Fortschreitung inspiriert tragen. Mit subtilen Walkingbass-Linien und melodisch farbigem Arco-Spiel von Denson, reduktionistischer Akkordik, sensibel ausgebreitet, vom Pianisten, der aber ein wenig zu häufig im mittleren Register seines Instrumentes verweilte und somit oftmals die Kontrastierung zu Konitz schuldig blieb, und einem Schlagzeuger der ein wahrer Klangkolorist ist und mit seinen Aussparungen im Spiel einerseits die Spannung noch oben schraubte und andererseits durch unorthodoxe Akzentuierungen die Motorik der Musik entscheidend vorantrieb. Als Novum stellt sich Konitz` gelegentlicher Stimmeinsatz dar, er sang mit Spielwitz gepaart sozusagen seine Saxophonlinien, was ihn als coolsten non-verbalen „Crooner“ auswies. Hingegen die Gesangseinlagen des Bassisten über Standards wie „Body & Soul“ oder “Skylark“ stellten die Notwendigkeit in Frage. Apropo Standards, einmal mehr demonstrierte Konitz auch seine große Kunst, Standards bis auf´s Skelett entkleiden und ihnen eine neue Haut überziehen zu können. Absolute-Lee amazing.