DO 13. Mai 2021
Harte Klangarbeit mit etwas Niederdruck
KUHN FU
Christian Kühn (e-g,voice), Ziv Taubenfeld (bcl), Esat Ekincioglu (b, voice), Luca Marini (drums)
“Kung Fu”, der Begriff mit dem der deutsche Gitarrist bezogen auf seinen Nachnamen dieses Wortspiel betreibt, bedeutet zu Deutsch „harte Arbeit“. Dass Kühn diese mit seinem Mehrnationen-Quartett aufs engagierteste, energiebesetzteste betreibt, war von Beginn an ausgiebig zu vernehmen. Von einem kurzen Allerweltsakkorde-Gitarrengeschrumme ausgehend, erkämpfte sich die Band Tonkunstgebiete bis an deren Rand, von komplexer Weg- und Machbarkeit. Kühn ließ die Saiten ein wenig twangen, surfen, sie partiell in Noisehäufungen aufheulen, gab sich restlich Post-Rock Signets gekreuzt mit, von konventionell bis radikal genießend, Jazz-Tugenden hin. In einem paritätischen Mischungsverhältnis, weitestgehend ohne Klischeeanbindungen. Analog dazu hielten es seine Kumpanen und „Fu-Fighters“ mit ihrem offensiven Stilverständnis. Das drückte dem Quartett den Stempel auf. Gekonnt und erquicklich mit individueller Vorstellungskraft gehandhabt. Dabei bewiesen sie einiges an Beweglichkeit und Reaktionsschnelle in ineinanderfließenden modalen wie freitonalen Sphären. Harmonische, melodische Fertigkeiten, rhythmische Finessen, in exakte Unisono-Sequenzen verpackt, aber ebenso engmaschig kollektiv, in polyphone Sensorik gebannt, improvisiert, schwappten, verbrüdert mit Spiellust und energetischen Stoßwellen, haufenweise über die Rampe. Das verdient sich den schwarzen Gürtel. Jetzt waren die Stücke mehrheitlich instrumental ausgelegt. Was sich dahingehend zutrug: in der tiefen Oktave von rhythmischem Faible angespornt über melodische Verspieltheiten, jewish roots schimmerten selektiv durch, bis zu Ausbrüchen in die Randzonen, durchlüftete Taubenfeld seine Bassklarinette. Besonders auffallend war der türkischstämmige Bassist Ekincioglu, der mit melodischen Frohlockungen, gesättigten Hooklines auftrumpfte. Des Öfteren kadenziert mit beeindruckendem arco-Spiel. Er schlug die markigen rhythmischen Pfeiler ein. Schade das der für den regulären Schlagzeuger der Band George Hadow eingesprungene Marini, zweifellos profund am Gerät, nicht den für die konzeptionellen Intensionen nötigen Nachdruck und Punsch beisteuern konnte. Man merkte ihm eine gewisse fehlende Vertrautheit mit dem „fu-ndamentalen“ Material an. Ausgehirnt vom präsenten „Gruppenleiter“ Kühn. Dramaturgisch besonders potent waren in den Teamwork-Improvisationen seine harten, eckigen Gegenfiguren und die zwingende Ideenordnung des „Kompositums“. Hingegen können seinen Wortspenden, exaltiert vorgetragen und rudimentär von Zappa abgeschaut, um abstruse Geschichten über Hamster, sprechende Fische aus der Donau und Champignons bzw. die Legende von Hans Schmitz und dessen Trauma um die Eiger-Nordwand surrealisierend, es schien als entsprang etliches intuitiver Eingebung, keine Überzeugungskraft attestiert werden. Somit: Zeit in Tönen. Vital, kratzbürstig, unbekümmert.