MI & DO 03./ 04. November 2021
Happy Together
JOHN SCOFIELD & DAVE HOLLAND DUO
John Scofield (e-g), Dave Holland (b)
Ein, zwei, drei chromatische Laid Back-Akkorde, eine klare Intervallik eingeschrieben, geformt mit trockenem, kantigem Ton, legten den Grundstein des Spannungsverhältnisses dessen Magnetismus einen bis zum Finale in Ergriffenheit hielt. Umso mehr durch das sensorische Eingreifen simpler, herzblutiger Melodiegesten, die im weiteren Erfindungsprozess zu komplexen Verzahnungen reiften. Frappant dabei die durchdringende Natürlichkeit. Dave Holland und John Scofield, zwei herausragende Sendboten des Jazz der letzten 50 Jahre, gaben für ihre Zwiegespräche Stimmungen im Balladenton den Vorzug. Großer Freudentaumel überkam sie dabei, der auch die Spiellaune entsprechend emporschraubte und ein völlig entspanntes Interagieren nach sich zog. Hollands voluminös warmer Ton bündelte sich in eingängigen Ostinatofiguren, impulsiven Walking-Linien, straighten Hooklines. Immer auf den Beat bezugnehmend. Die Musik in Bewegung haltend und mit Sounds bereichernd. Changes erhalten in seinem Spiel einen enormen melodischen Reichtum und rhythmische Kohärenz. Und seine wohldosierten Ornamentierungen faszinierten. Weniger als Single-Note Zauberer als vielmehr unerschöpflicher Aufspürer von detailreichen, einer inneren Logik folgenden Akkordprogressionen implantierte Scofield das Seine in die Tondichtungen. Zudem waren da noch seine famosen Off-Beat Einsprengsel. Beider größter gemeinsamer Nenner könnte so definiert sein: spontaner Melodienkreateur (Holland) trifft auf ad hoc-begnadeten Harmoniearchitekten (Scofield). Unaufgeregtheit und Uneitelkeit sind in dieser musikalischen Gesprächigkeit/Erzählkunst gleichfalls eine Zier. Was Scofield und Holland klarstellen, Jazz ist ein Klima der Freiheit, der Selbstbefreiung und Emanzipation von autoritären Banden, dass er die aufregendsten Prinzipien existentieller Freiheit enthält. Unverfälschte Wahrhaftigkeit stellen die Musiker dahinter, sowie Geradlinigkeit und Evidenz - entwaffnend direkt am Leben. Ihre Klangkomplexe beleuchten mit Neugierde das tradierte Jazznaturell. Wiewohl Funktionsharmonisches und tonale Gebundenheit auch dezent ausfransten. Besonders das Lyrische lag ihnen ausdrücklich am Herzen. In Form der Durcharbeitung einfacher Melodien, der Ergründung des Stimmungshaften, eines bodenhaftenden Schwebezustandes. Beispielhaft standen dafür die Holland Komposition „Homecoming“ und jene von Scofield „Time And Tide“. Vergnügen bereitete auch das kurze Abbiegen in angeschrägte Americana: „New Country with two old men“. Eingewoben ist, alles bündelnd, rhythmisch raffinierte, swingende Leichtigkeit. Genau diese Qualitäten in der Musik ziehen die Menschen auf´s direkteste hinein. Das Jazzuniversum auf zehn Saiten und gefühlt war man sich eines neuen Instrumentes gewahr: der „Kontrabass-Gitarre“. Schlichtweg erhaben schöne Musik, deren Hervorbringung wiederum mit dem Porgy & Bess- Ambiente in Bezug stand.