20. April 2022
Von Hannes Schweiger

MI 13. April 2022
Jagende Gitarren auf dem Fusion Flur
FRANK GAMBALE ALL STAR BAND
Frank Gambale (g, voc), Jerry Léonide (keys), Hadrien Feraud (e-b), Gergö Borlai (dr)

Das Fusion-Idiom, welches vornehmlich auf die konventionelle amerikanische Herangehensweise, denn die europäische war stets eine radikalere, des Konglomerats Jazz & Rock anwendbar ist und im Laufe der Jahrzehnte seine Fühler ja in alle erdenklichen musikalischen Richtungen ausgestreckt hat, erspielte sich in diversesten Verkleidungen einen Fixplatz in der Musikwelt. Gegenständlich sprechen wir eindeutig von der Schattierung Jazzrock. In die lichten Höhen dieser Spielhaltung gespielt hat sich der australische Gitarrist Frank Gambale während langjähriger Kooperationen mit der Band Vital Information und vor allem in Chick Coreas Elektric Band bzw. dessen Return To Forever-Reunion. Der Australier gilt zudem als eine Koryphäe der von ihm erweiterten Sweep Picking-Technik – einer speziellen Plektrum-Spielweise. Live erkennbar nur für Gitarristen, staunt jedenfalls der/die nicht spezialisierte HörerIn pass über die einsichtige grifftechnische Virtuosität von Mr. Gambale. Auf nicht weniger als fünf verschiedenen Gitarren, darunter ein doppelhalsiges Instrument, verlautbarte er seine raffinierte Kunstfertigkeit. Wozu er sich allerdings nicht hinreißen lässt, sind inhaltsleere Artistik oder das Abspulen technischer Bravourstücke. Technik ist für den Gitarristen die Trägerkomponente der Musik. Simples, sofort fassbares wie gleichfalls komplexes, temporeich ausgelegtes Themenmaterial sind die Trigger der Songs. Die daraus entwickelten Soli, reizten zunächst mit reichlich Originalität und Triftigkeit die Zonen der Jazz/Rock-Gemengelage aus. Seine flirrenden Improvisationen entwickelt Gambale aus Changes heraus. Harmonisch sehr einfallsreich, mit üppigem melodischen Potential. Und spezifisch im Sound. Rock-Kick und Jazz-Raffinement in Balance. Aufgeladen mit Bluesgefühl und beträchtlicher rhythmischer Intensität. Etliches an spritzigen Ideen boten im ersten Set ebenfalls Gambales gleichgesinnte Partner auf. Um nichts weniger stupende Könner an ihren Instrumenten. Bassist Feraud knüpft mit perfektem Akkordspiel an die Errungenschaften von Jaco Pastorius an, hatte aber letztlich zuviel an solistischen Gelegenheiten, da sich ein Repeat-Modus einstellte. Weitestgehend variantenreich an Einfällen zog Keyboarder Léonide die Register. Vor allem wenn er die E-Piano Einstellung seines Instrumentes aufrief. Da perlte es hinreißend analog organisch. Positioniert ist die aus dichter Interaktion heraus, mit eindringlicher Hingabe erschaffene Musik im konventionellen Tonalitätsrahmen gängiger Dur/Moll-Texturen.

Erstaunlicherweise steckte die rhythmische Struktur, obschon permanent im swingen, weitestgehend in einem starren Back Beat fest. Wiewohl die Fähigkeiten eines solchen Schlagzeugers, Borlai ließ dies in zwei kurzen, fulminanten Fills aufblitzen, eine vielschichtigere Architektur verlangen würden. Blattwendung: Im zweiten Set neigte die Performance zu deutlich zu Plakativität und Selbstbeflissenheit. Plötzlich umspülten die Musik all zu süffig süßliche Melodie-, Harmoniekonsonanzen. Inhaltlich schwelgte das Geschehen nun zwischen Hardrock Ballade und Fusion Pathetik, unglücklicher Weise auch einmal besungen, oder irritierte mit zu offensichtlicher Akkulturation einstiger Jazzrock-Neuerungen. Persönliches ward unvermutet außen vor gelassen. Das war dann doch Fusion-Light und „Reinriesling“. Gambale & Co sollten auf der lichterlohen Seite ihrer Jazzrock-Ausrichtung voranspielen.