17. März 2023
Von Hannes Schweiger

DO 09. März 2023
Music Magic – Hochland der Improvisation
DAVE HOLLAND TRIO feat. KEVIN EUBANKS & ERIC HARLAND
Dave Holland (acc-b, e-b), Kevin Eubanks (e-g), Eric Harland (dr, perc)

In gewohnt konzentrierter Gelassenheit entwarf der Premier League-Bassist aus dem Stand ein bannendes Melodiejuwel. So begannen die meisten „introkomponierten“ Improvisationen. Mit der ihm ganz eigenen lyrischen Empfindsamkeit, wie sie einst Bill Evans auf den Weg brachte. Nur Holland zieht im Weiteren einen nochmals kernigeren Drive unter. Eingedampft zu pulsierenden Ostinaten respektive ausgelegt als geschmeidig impulsive Walking-Lines. Man kann es nicht anders als majestätisch nennen, das Fundament, das er da hinstellte. Unmittelbar fühlten sich seine nicht besser auszuwählenden Partner beflügelt. Mit Eubanks verbinden ihn ja schon Jahrzehnte, Eric Harland ist relativ neu in Hollands Partnerkanon. Unglaublich weitverzweigtes, ständig neue Akzentuierungswege und Schlagkombinationen suchendes Drumming drängte aus Harland hervor. Einer stupenden Leichtigkeit und Spannungspräzision zugedacht. Bemerkenswert an seinem breit angelegten Spiel war die Verwendung einer zweiten Hi-Hat, die er mit seiner Ferse betätigte. Folgender Fakt war das „Dreamland“-Interplay Holland-Harland, im Zuge dessen die musikalische „Zeitnehmung“ in ihre verschiedenen Dimensionen zerlegt wurde. Indes flog Eubanks rastlos mit sinnerfüllter Virtuosität darüber hinweg. Über ein weites Feld zwischen rhythmisch wie harmonisch gebundenem Spiel und der Auflösung jener determinierten Parameter. So hatte man den Gitarristen noch nicht gehört, kannte man ihn bisher doch eher als konventionellen Praktiker.  Seiner speziell designten Gitarre, sie wirkt kleiner als die gängigen Modelle, „entzauberte“ er harmonische Abenteuerlichkeiten in der Fülle eines Sprühregens. Sein Sound hatte einen gediegenen, fesselnden Rockapproach der in den brillanten Soli, Eubanks verwies ebenso darauf, dass Schnelligkeit nicht gleichbedeutend mit Inhaltsleere ist, eine anregende Zutat war. Er zupfte sein Instrument plektrumlos, lediglich die Fingern nützend, mit faszinierender Technik. Das ließ ihn z.B. zeitgleich Basslinie und Singlenote-Lines spielen. Schlüssigst in der Melodiebildung, der rhythmischen Raffinesse. Als Klammer der Aktivitäten agierte Holland mit einem Ton der Vollkommenheit und seinen unglaublich vorantreibenden Qualitäten. Enormer Übersicht geschuldet implementieret der Bassist unentwegt Feinjustierungen der Kollektivklangfarben – subtil und effizient. Dem sich Harland sowohl mit präziser rhythmisch/metrischer Reduktion als auch deren Vervielfachung anschloss. Er ließ den Beat wandern, periodisch oder losgelöst. Vom Bass mit perfekten Off-Beat Akzenten verdichtet. Überraschend nahm Holland zuweilen gleichfalls einen E-Bass zur Hand.

Oftmals lautstarker Rockklang vermengte sich wunderbar mit der Freiheit der Improvisation. Ganz wesentlich war dabei die Kongruenz der dynamischen Gestaltung. Das Pendeln zwischen kantilener Einfachheit und komplex verstrickter, polychromer Kontrapunktik. Sperrig entfesselt wie linear eingängig. Auf Basis einer überlegenen Auslösung der Energie, hin zu Ausbrüchen polytonaler Exegese. Explosionen von Farben, Bewegungen, Konsistenzen, Stimmungen. Gefühl und Intellekt bedingen in diesem Trio einander in seltener Logik. Die Musiker vertieften sich in Turbulenz oder genossen Feinstofflichkeit. Ein wagemutiger immer noch morgiger Geist steckt in ihnen, flambiert ihre Musik. Als Matrix dient das legendäre Gateway-Trio. Durchgängige zweieinhalb Stunden trieb man inmitten eines magischen Fluidums.