31. Oktober 2023
Von Hannes Schweiger

DO  26. Oktober 2023
Klanghimmelszelt
RALPH MOTHWURF ORCHESTRA feat. EVA KLAMPFER
Ralph Mothwurf (cond, comp), Eva Klampfer aka Lylit (voc, p), Stepan Flagar (ts), Yvonne Moriel (as), Martin Eberle, Markus Pechmann (tp), Christina Lachberger (b-tb), Georg Schrattenholzer (tb), Irena Manolova (marimba), Max Kanzler (vibes), Simon Raab (p, e-p), Tobias Vedovelli (e-b, acc-b), Andreas Lettner (dr), Joanna Lewis, Marianna Oczkowska, Ulrike Greuter (v), Jelena Poprzan, Simon Schellnegger (viola), Marta Kordykiewicz (cello)

Für die Saison 2023/24 hat der „Kompositionshochbegabte“/Gitarrist Ralph Mothwurf mit seinem Orchester die Zelte hierorts aufgeschlagen. Wurde er doch für die Stageband-Serie eingeladen. Mothwurf hat seinen Klangkörper modifiziert. Die Bläsersection wurde abgespeckt, die Percussionabteilung erweitert und eine Streichinstrumenteequipe etabliert. Für die Stageband-Aufgabe entwarf Mothwurf ein nochmals ausdifferenziertes Klangwesen seiner orchestralen Ideen. Zuzüglich von kurzen Gastauftritten von KünstlerInnen aus avancierten popmusikalischen Gefilden oder benachbarten Kunstsparten.

Als Ouvertüre dieses Abends brach eine fettes Arpeggio, in repetitiver Absicht, getragen von massiven Bläsertutti, rhythmisch fraktal unterfüttert und von den singenden Saiten der Streichegruppe durchwirkt über die Hörenden herein. Ältere, überarbeitete Kompositionen sowie entsprechend des Anlasses, neue Werke stehen auf dem Programm. Und Mothwurf ist einen weiteren Schritt präziser respektive gelöster, selbstverständlicher geworden. In seinem schon exzeptionell zu nennenden Geschick Harmoniegerüste, melodische Progressionen, rhythmische, von Tempowechsel geforderte, Verzweigungen und Elementarteile anderer Idiome elementar zu verknoten. Jazzfreiheit, die komplizierte Architektur progressiver Rockpraktiken, Hip Hop Versätze, klassische Strenge vergnügen sich in der Wirksamkeit eines persönlichen Ganzen. Exaktes Kalkül fürs erste, ehe der Komponist/Konzeptualist die Geschehnisse in die Hände der SolistInnen legt. Erstklassiger SolistInnen. Die gleichsam ihre umwerfenden mechanischen wie spontan schöpferischen Fähigkeit vom Zaum lassen. Jede/Jeder mit eigenem Fokus. Jene Freiflüge bündeln sich wieder in den mothwurfschen kontrapunktischen Texturen mit dieser ansteckenden, schimmernden Bewegtheit. Aufgetürmt zu ungestümer Energie auf der einen Seite, aufgefächert in filigranen Ziselierungen auf der anderen. Makro- und Mikrostruktur wächst geschmeidig zusammen, vertikale und horizontale Identitäten haben eine enorme innere Fülle zur Folge. Man durchlebt zudem Klangfarben-Wechselbäder, zeitgerechte Phrasierungsveränderungen. Wobei immer wieder die Reibungen des herben Lyrismus der Streicherparts als fragiler Organismus mit der muskulösen Sättigung der restlichen Band hervorsticht. Den zweiten Programmteil eröffnet das Kollektiv gemeinsam mit der Nu Soul Sängerin, Pianistin, Songwriterin Lylit. Ihre Songideen, Mothwurfs Arrangementeinfälle. Eine starke Stimme, erweiterte Ausdrucksszenerie. Trockene Spannung tanzt zu bohrender Motorik. Abermals Überschwänglichkeit und brütende Intimität im Kontrast. Trotz aller durchdachten Planschritte stellt sich fortwährend das Empfinden sehr umfangreicher freier Entfaltung ein. Angedacht als konstruktiver Zusammenhalt von Form und Inhalt. Mothwurfs Ansatz ist keiner um Klüfte zwischen diversen musikalischen Organisationsformen zu überbrücken. Er zieht sie partiell für seine Sicht der Notwendigkeit heran. Das conditio sine qua non, damit die Musik einfach sie selbst sein kann. Es ist garantiert das Ralph Mothwurf noch einiges in petto hat. Die folgenden Stageband-Kapitel werden es hören lassen. TAUfrisch und mit HochDRUCK.