5. Juli 2024
Von Hannes Schweiger

SO 16.06.2024
Adultives Kinderspiel
HAN BENNINK CHILDRENS TRIO
Han Bennink (dr, voc), Ben van Gelder (as), Reinier Baas (e-g)

Mit fortschreitendem Alter pflegt der einstige Instrumente/Klanggeräte-Tausendsassa, wesentliche Mitanstifter der europäisch intendierten Jazzfreiheit instrumentarisch die Reduktion. Begnügte er sich oftmals mit einer Snare-Drum, tat er sich diesmal an einem Standard-Drum Set gütlich. Gleichsam bewegt er sich und zaubert musikalisch/rhythmisch entlang der Kernzonen der Klangerfindung. Mit wenigen Gesten erschafft Bennink ein Maximum an Ausdruckskraft mit Tiefgang. Charakteristikum im Spiel des trommelnden Holländers ist die Fähigkeit assoziativen Fortspinnens spontaner rhythmischer Musterungen die zwar Analogien zu Altbekanntem wecken, jedoch in ihrer Unberechenbarkeit wiederum überraschen und neu swingen. So ist er stets der erfrischende Provokateur und inspirierende „Störenfried“. Nie überbordend oder erdrückend, sondern mit punktgenauem Kenntnisreichtum. Nun ist die Zeit gekommen, da er vornehmlich eine relativ konventionelle Begleitschematik, straight foreward, anwendet. Doch die unvergleichliche Kautzigkeit, der spielerische Humor, lässt in seinem Timekeeping die Zeit erlebnisreich werden. Gespeist von enorm hoher Spannkraft und federnder Intensität.

Vergnügliches Beispiel war sein „Schlagzeugsolo“, für ein solches, wie er betont, er sich gar nicht erwärmen kann. Somit legte er dieses „benninkisch“ an. Linker Hand ein Mikrofon haltend, in welches er mit dadaistischem Anstrich die berüchtigte Geschichte vom Hasen sprechsangte, rechter Hand, besenschwingend, sich mit schnippendem Beat begleitend. Großartig eben wie er die periodische Rhythmik kurzzeitig aufbricht, Akzentuierungen verschiebt, rhythmische Pattern kreuzt, einen unbändigen Drive unterlegt und somit seinen zwei Generationen jüngeren Partnern anstachelnde Informationen vorschlägt. Die sich gierig darauf stürzten und ihrerseits nicht mit Ideen geizten, vor Originalität glänzend, die den „Großvater“ strahlen ließen. Gitarrist Baas verflicht Hook- und Basslines mit satter Jazzakkordik, einer Brise Rockaffinität und imaginiert gefinkelten Soli. Eigenwillig charmant positioniert sich Saxophonist van Gelder zwischen Konitz und Ornette Coleman. Lyrische Coolness verträgt sich wunderbar mit forscher Rasanz. Überhaupt lag die Würze in der Kürze. Die Stücke verweigerten eine Ausuferung und waren einem dringlichen Konzentrat des Narrativen verpflichtet. Kommunikativ außerordentlich anregend, eng verzahnt, zielgerichtet. Programmtechnisch hielt das Trio an Originalkompositionen (thematische Skizzen die die Improvisationen anregen) fest. Monk durfte allerdings nicht fehlen. Dessen verschrobene Kantigkeit verträgt sich bestens mit der humor- und parodieversetzten Musik der Holländer. Und sie fliegen noch immer. Großes Vergnügen und eindrucksvolles Alterstatement eines herausragenden Stilisten.