12. Dezember 2016
Von Hannes Schweiger

SO 11. DEZEMBER 2016
Stimmiger Saitenwind
ROM/SCHAERER/EBERLE
Peter Rom (e-g), Andreas Schaerer (voice), Martin Eberle (tp, flh)

SCHÖN – schweizerisch-österreichische Neigungsgruppe für quergedachten Jazz und Artverwandtes. Wobei bei diesem kongenialen Trio, gebildet aus dem phänomenalen Schweizer Stimmexpandeur Schaerer und den beiden österreichischen Ausnahmemusikern Rom und Eberle, die Frage nach stilistischen Präferenzen, obschon alle drei dem Jazz zugeneigt sind, völlig irrelevant erscheint. Die Herrschaften hören mit einer derartigen Sensorik nach links, rechts, oben und unten, das sie sich querbeet alle erdenklichen Ausdrucksformen und Klangqualitäten zu eigen machen können. Noch dazu mit zündender Einfallsgabe und Musikalität hellwachen Lebensgeistern. Eindrucksvoll zum Besten gegeben an diesem Abend. Wiewohl Schaerer von einer Erkältung heimgesucht wurde, er aber bravourös dieses Handycap in sein agiles Tun integrierte und somit eine „vox humana“ im wahrsten Sinne anstimmte, langte das Trio gleich in die Vollen. Vertrackte melodische Mäander, in forciertem Tempo, in grandiosem Unisono ausgeführt, und klangliche Extravaganzen legten sodann gleich offen, was an sound- und strukturmäßig Unerwartetem in dieser nonkonformistischen Besetzung steckt. Schaerer seinerseits pendelte behände zwischen textbezogener „Liederlichkeit“, muskulös groovendem Beatboxing, galanter Kunstpfeierei, teilweisem Abstract-Scating in weiten Intervallsprüngen dem er mühelos und zeitweise simultan, rhythmisch geordnete Schnalz-, Zisch- und Klappgeräusche beimengte und bildete gelegentlich mit der Gitarre die Rhythmsection, was ein bestens disponierter Eberle zu enorm vielgestaltig inspirierten, dahinfliegenden Soli nützte. Der wiederum sein Instrument im Wechselspiel bei Schaerers solistischen Ausflügen fallweise in eine „Drumpet“ umfunktionierte und trockene Beats auslegte. Für die harmonisch ausdifferenzierte, elastisch konstituierte Strukturalität stand Peter Rom. Er funkte schweißtreibend, rockte angriffslustig mit trashig, noisigen Versatzstücken oder setzte subtile Akkordfortschreitungen. Alles ereignete sich in einem ungemein austarierten Einklang unter den Musikern, dem jene irrlichtenden Polyphonien, närrischen Verspieltheiten und berührenden Songs wie z.B. die beiden von afrikanischem Liedgut inspirierten Stücke, in denen sie dieser Tradition respektvoll mit Eigengesetzlichkeit begegneten, die Gitarre wie eine Kora klang, die Trompete einem afrikanischen Naturtonhorn nahe kam und Schaerer mit den Sounds des Dschungels, die seiner Mundhöhle entströmten, in Staunen versetzte, geschuldet waren. Außerplanmäßiges drang ebenso konsequent durch. Zudem - eingeflochtener Spielwitz und spielerische Virtuosität ertönten ohne vordergründige Plakativität. Als visuelles Bonmot wurde am Ende des ersten Sets ein comichaftes  Animationsvideo zu einem der fetzigen Stücke aus des Trios Repertoire serviert - gelungen, vergnüglich, treffend. Conclusio: Tiefenschärfe statt Oberflächenpolitur. „My RSE“ – ausnehmend schön.