6. Februar 2017
Von Hannes Schweiger

SO 5. FEBRUAR 2017
String-framed Drum Madness
JEFF “TAIN” WATTS TRIO
Jeff „Tain“ Watts  (dr), Paul Bollenback (e-g), Orlando Le Fleming (b)

Ins Rampenlicht der Jazzbühne gelangte Jeff „Tain“ Watts als rhythmisches „Kraftwerk“ in den Bands von Wynton und speziell Branford Marsalis. Er bestach durch eine famose Leichtfertigkeit in der Schichtung komplexester Rhythmen. Und diese Fähigkeit hat er im Laufe der Jahre noch detailreicher ausgearbeitet und zu fulminanten, orchestriert angelegten – begründet in seiner Ausbildung als Orchesterperkussionist – Rhythmusaggregaten geformt. Watts steht in der stilbildenden Tradition der Schlagzeug-Lichtgestalten Elvin Jones und Tony Williams und deren Kunst der Bildung von verschachteltsten Triolenketten. Er hat diese Kunst auf ein neues Level gehoben. Dieser Fertigkeit frönte er mit seinem aktuellen Trio auf ausgiebige Weise.  Mit einer gefinkelten Version des Monk Klassikers „Brilliant Corners“ preschte dieses ausnehmend kompakte Trio, in dem blindes Einvernehmen herrschte, mit vollstem Elan und Biss los. Ausgesprochen gescheit changierten die Strukturen zwischen deftiger, vertrackter Funkyness und rasendem Up Tempo-Swinging. Die Tempo-, Rhythmus- und Harmoniewechsel vollzogen sich zeitweise im Sekundentakt. Der Schlagzeuger trommelte eine imposante Off Beat-Parade zusammen, gebündelt in aufwühlenden polyrhythmischen Ornamentierungen, nahm Tempo heraus, forcierte es übergangslos, retardierte, umspielte den Beat, verweilte in periodischen Sequenzen nur kurzzeitig,  unterbrach den Rhythmusfluss mit halsbrecherischen Breaks und schickte die Grooves auch gelegentlich in die „Freilandhaltung“. All das realisierte Watts mit ständig sich verändernden, über das ganze Drumset hinweg fegenden, abenteuerlichsten Schlagmustern und mit überwiegend  bestechendem ad hoc-Feeling. Selten hört man einen, den musikalischen Prozess doch stark dominierenden Schlagzeuger, mit soviel gruppendynamischer/ -dienlicher Übersicht und dialogischem Gespür in die Felle langen. Seine beiden begnadeten Partner explodierten in diesem Sog gleichfalls. In Gitarrist Bollenbacks melodiös flüssigem, harmonisch exaltiertem Spiel schwingen Verbindlichkeiten mit Instrumentenkollegen wie Kenny Burrell, Jim Hall oder John Abercrombie mit. Er war aber auch geneigt, immer wieder auf die andere Geschichte der E-Gitarre, die des Rockkanons, Bezug zu nehmen. So ließ es das Triumvirat beispielsweise in einer Bluestextur, in berstender Blues-Rock Manier krachen und unterstrich zudem seinen ungeheuren Spielwitz in einer Improvisation die als Chicken-Hommage ihren Ausgang nahm. Über einem John Lee Hooker-Stomp sinnierte der Dreier betreffend Hühnchenzubereitungen. Deliziös. Für das fassettenreiche Klangbild spielte gleichfalls Bassist Le Fleming eine entscheidende Rolle, da er seine rhythmischen Tiefton- und Ostinatiunterfütterungen mit melodischem Fantasieren, welches in wunderbaren kontrapunktischen Meandern ausschweifte, erweiterte. Sodann, ein aufregend brodelnde Gebräu eines großartigen Trios. Ein Gebräu, das in einer gegenwartsverankerten modalen Jazzdiktion verortet war und in quecksilbrigen Energieentlandungen kulminierte.