MO 13. FEBRUAR 2017
Two Is A Company
AKI TAKASE & DAVID MURRAY
Aki Takase (p), David Murray (ts, bcl)
Einer jazzgeschichtlichen Lecture kam dieser, in den Bann ziehende Auftritt des über zwanzig Jahre existierenden Duos gleich. Jedoch war keine demonstrative Besserwisserei angesagt. Vielmehr manifestierten die Wahlberlinerin Takase, eine sehr stringent praktizierende Pianistin und der Wahl-New Yorker Murray, der vielleicht letzte wirklich herausragende Tenorsaxophon-Stilist der Nach-Free Jazz-Epoche, einen von tiefem Respekt und der Verantwortung der Transformation in eine Gegenwartsrelevanz zeugenden Umgang mit der Jazzhistorie. Also die beiden betrieben kein Stieren in der Asche, sondern trugen das Feuer der Jazzerrungenschaften, eingedenk der so wesentlichen persönlichen Note, weiter respektive spielten Takase/Murray nicht für Museen sondern für das Leben. Als Ausgangsmaterial für ihre von überbordendem Elan durchströmten, extemporierten Diskurse zogen sie Stücke von Monk, Strayhorn und Originale beider heran. Die Partner pflogen ein egalitäres Geben und Nehmen. Obschon Murray einiges mehr an Platz für sich requirieren konnte. Doch das dürfte auch in Takases Sinn gewesen sein. Sie schuf mit ihrem entschlackten Spiel, das eine eigens umgelegte Monk-Kontur als Primärintension auswies, sehr wohl aber auch exzessive, an Cecil Taylor gemahnende Clusterhäufungen oder lyrische, der impressionistischen Klassikperiode zugeneigte Versponnenheiten zuließ, jene Räume, die ein vor Einfällen sprudelnder Murray nur zu gut mit luzider Ereignishaftigkeit auszugestalten wusste. Den „Standards“ wiederfuhr eine aufregende harmonische Umdeutung bzw. melodische Ausweitung. Ersteres zeugte von der dahingehenden großen Kunstfertigkeit Takases und betreffend zweiterem war Murray in seinem Metier. Eindringlich reflektierte er, in singuläre Soulfulness getränkt, fünf Jahrzehnte Tenorsaxophongeschichte in unnachahmlicher Individualsprache. Mit der Bassklarinette setzte er sonore Kontraste. Einzigartig ist auch sein Handling des kontrollierten Kontrollverlustes. Nämlich weil er seine ekstatischen, frei stehenden Klangballungen, denen eine wunderbar glasklare Strukturierung innewohnte und die sich aus tonal zentrierten Themenvorgaben herauslösten, in logischer Konsequenz wieder in tradierte Funktionalismen zurückführte - in eine erfrischende Aura kleidend. Mit eben jenem typischen voluminösen, leidenschaftlichen Ton, potenziert zwischen der Dialektik atemberaubender Multiphonic- und Zirkularatmungsschleifen und schlankem Lineament, dem auch diese fesselnde Eindringlichkeit geschuldet ist. Ein Dialog der gleichermaßen souverän „inside“ wie „outside“ in die Tiefe ging. Organic Saxophone meets Conceptual Piano.