23. Februar 2017
Von Hannes Schweiger

MI 22. FEBRUAR 2017
Bilderstürmende Philm-Musik
PHILM
Philipp Gropper (ts), Elias Stemeseder (p, electronics), Andreas Lang (b) & Gäste: Christian Reiner (voice, poetry), Michael Prowaznik (dr)

Im „Vorspann“ zu diesem, gleich vorweg gesagt packenden „Philm-Abend“, verlautbarte des Clubs geschätzter MC, dass einer der vier Hauptdarsteller, Schlagzeuger Oliver Steidle, einer kurzfristigen physischen Beeinträchtigung zufolge, seinen Drum-Hocker räumen musste. Doch das Philm-Kollektiv, eine deutsch-österreichische, jazzgeneigte Gemeinschaftsproduktion angeregt vom Berliner Saxophonisten Philipp Gropper, setzte eine gelungene ad hoc-Reaktion und lud sich zwei österreichische Gastmusiker ein. Ein wenig Schade, dass diese packende Vorführung vor etwas spärlich besuchtem Auditorium einherging. Was dem Kreativ-Output und der Spielfreude der Musiker in keinster Weise zum Nachteil geriet. Im ersten Set, welches mehr einer kontemplativ abstrakten Textur folgte - aus feinstofflich strukturiertem Wagemut stürzten sich die Musiker mit eruptiven Klangschüttungen allmählich in die freie Wildbahn - gesellte sich vorerst der Stimmperformer/Simultan-Poet Christian Reiner hinzu. Der Schaffensprozess, der auf freitonalem Terrain mit entspanntem Verhältnis zur Jazzhistorie ausgelebt wurde, folgte primär, einen ausgedehnten musikalischen Bogens spannend, der Prämisse einer freien Kollektivimprovisation. Deren versprengte Tonsetzungen mündeten in Abständen in, im Vorfeld ausgeklügelte, prismatische Gebilde. Als Initiator per se, fungierte mit bereits enormer Reife und tiefer Jazzaffinität der grandiose, junge Salzburger Pianist Elias Stemeseder. Eine markante, klar konturierte Anschlagkultur sein eigen nennend, platzierte er unablässig spritzige Ideen in Form kürzelhafter, kantiger harmonischer Inseln, melodisch verstiegener Tontrauben oder elektronisch generierter, perkussiver Sounds, die durch ihre repetitive Abfolge eine hypnotische Rhythmuskomponente erzeugten, in die Extemporationen. Seine Partner griffen diese Impulse lustvoll und leidenschaftlich auf, sponnen sie weiter und verdichteten die Handlung zu fließenden Fantasieverschränkungen. Insbesondere vollzog sich ein organisches Ineinandergreifen von Musik und der spontan artikulierten, wortwitzig geistreichen „Surreal-Poesie“ Reiners, wie man es seit Jandls sprachgewaltigen Diskursen mit Jazzmusikern wie Glawischnig und Ruegg nicht mehr erlebte. Im zweiten, ebenso in einem durchgehenden Verlauf angelegten Teil, kam der gleichfalls jungendliche Schlagzeuger Michael Prowaznik ins Spiel. Und wie. Ohne viel Vorbereitung spielte er verzwickt arrangierte Themen wie nix vom Blatt und brachte die kinetische Energie der nun muskulös angewachsenen Musik mit federndem Spiel zum Brodeln. In Kürzestem eng verbandelt mit einem über Funktionalismen weit hinaus agierenden Bassisten. Stemeseder brillierte nun mit flinken Läufen, die er mit massiven Blockakkord-Tiraden durchsetzte und in spannende Crescendo/Decrescendo Vorgänge einband – ein persönliches Destillat aus monkschen und tynerschen Welten. Der Saxophonist pflegte in seinen Phantasmen nicht den großen Ton in einem energischen Kraftakt, sondern das Spiel der Zwischentöne und geschmeidigen Wendungen im Sinne eines Getz oder Giuffre. Gegen Ende  lautmalte nochmals Reiner, in der Musik treibend, punktgenau mit Textfragmenten. Ziemlich großes Kino. Und wertes Publikum, gehen sie bitte wieder verstärkt auf Entdeckungstour, die junge Jazzgeneration hat Hochklassiges zu bieten.