10. April 2017
Von Hannes Schweiger

SO 09.April 2017
Demonstration eines Leerlaufes
CHRISTIAN SCOTT “ATUNDE ADJUAH”
Christian Scott (tp, flh), Logan Richardson (as), Zaccai Curtis (p,e-p), Max Mucha (b), Corey Fonville (dr, e-dr)

Ein synthetischer Hip-Hop Beat, Unterlage einer biederen Neo-Hardbop Konzeption, dessen niederfrequente Druckwelle in übergebührlicher Lautstärke das Gehör malträtierte, wälzte sich durch den Raum. Auf der Bühne stand der technisch brillante Trompeter Christian Scott mit seinen abenteuerlich gewundenen Hörnern in Begleitung seines Quintetts, der in einem Hype-Käfig gefangen scheint und dem derzeit übermäßig Lorbeeren gestreut werden. Vielleicht wären „Stachelbeeren“ vorerst angemessener gewesen. Der aus New Orleans stammende afro-amerikanische Musiker pflegt eine etwas überbewertete Mixtur aus Post-Modern Jazz, African Roots und popimmanenten Clubsounds, der aber eine durchdringende Inhaltlichkeit nicht bescheinigt werden kann. So funktionierten auch die ersten beiden Stücke nach dieser simplen Masche. Nach einigen Unmutskundgebungen des Publikums betreffend der Lautstärke der dröhnenden Tiefklangbeats kündete Scott die „Alternative“ an. Es folgten Stücke in besagter Neo-Hard Bop Gewandung ohne elektronische Beigabe, die allesamt einer etwas ermüdenden rhapsodischen Affektivität frönten und mit der Einstellung von übereifrigen Musterschülern abgespult wurden. Fraglos waren exzellente Musiker am Werk, die aber keine große Mühewaltung hinsichtlich Spannunginsistenz an den Tag legten. Harmonisch wie rhythmisch ergingen sich die Musiker an einer Aneinanderreihung tradierter Floskeln. Das jedoch souverän. Man vermittelte den Eindruck einer leerlaufenden Darbietung seines Könnens ohne Anspruch. Scott wirkte plötzlich irgendwie gereizt. Der ganzen Situation ebenso in keinster Weise zuträglich war die „Below Zero“-Meisterleistung des gruppeneigenen Soundengineers, der ein mulmiges Klangbild zusammenmixte und es sogar schaffte den wunderbaren Fazioliflügel wie ein unplugged E-Piano klingen zu lassen. Innigst wünschte man sich einen der profunden Haustechniker des Porgy herbei. Als dann nach der Pause Scott zu einem minutenlangen Monolog, mit bemühten Comedian-Einschüben, ansetzte,  war die Luft völlig draußen und es an der Zeit von Hinnen nach Dannen zu gehen. Wie das Leben ebenso spielt. Und das ist halt nicht nur in höchsten Tönen. Solche Ereignisse gleichfalls passieren zu lassen, zeichnet einen guten Jazzclub aus.