9. Juni 2020
Von Hannes Schweiger

MI 03. Juni 2020
Messin´ With The King
KOENIG Solo "Messing"
Lukas König (selected cymbals & drums, vocals, electronics, synths), Bernhard Rasinger (laser art)

Erneut überrascht dieser begnadete österreichische Schlagzeuger, exzeptioneller Stilist aus dem an Könnern & Könnerinnen reichen, heutigen, transidiomatisch denkenden Jazz-Pool, mit ausgeklügelter, eigensinniger Solo-Musik. Als zentrale Klangerzeugungsgrundlage dient ihm ein bereits einigermaßen strapaziertes ca. 20“ Cymbal. Das Material aus dem Cymbals  (im Musikerjargon liebevoll „Blech“ genannt) gefertigt werden, ist die Kupfer-Zink-Legierung Messing die dem Programm auch den Titel gab. Als englisches Verb „mess“ bedeutet es u.a. durcheinander. Jenes „Durcheinander“ ist bei König ein überlegt gebündeltes. Fallweise bezog er noch eine kleine Snaredrum, mit dem Federteppich nach oben, mitein. Beide Instrumente sind mit Kontaktmikrophonen bestückt und ebenso mit diversen elektronischen Effekt- und Manipulationsgeräten gekoppelt. Ausgangspunkt war diesmal die Schwingungsversetzung des Cymbals mittel Handmotoren. Daraus folgte ein trashiges Soundkonvolut – rhythmisches Hämmern, Unterton- und Obertonstrukturen erzeugten bohrende Interferenzen. Eine Art maschinelle Trance verströmte. In Folge wurde das Cymbal zur unglaublichen „Beat Box“. Mit einem Drumstick und bloßen Händen und zeitweisem Einbezug von elektronischen, geräuschbasierten Sounds – stringent und einheitlich, schlug König verwinkelte Pattern an, von einer zwingenden inneren Logik, die um einen äußerst elastischen, periodisch definierten Groove schwirrten. Ästhetische Grundzüge der Rhythmik schwarzamerikanischer Populärmusik, in überwiegendem Maß aus Drum ´n´ Bass und Hip Hop, schloss er mit jazzrhythmischer Kernkompetenz kurz. Der Schlagzeuger addierte zwei zeitgliedernde Prinzipien in sehr auffällig innovativer Weise. Dazwischen dröselte König diese Schlagmuster in Einzelelemente auf, die für sich pulsierten, um einen Nachschlag später zu einer neuen Legierung ineinander verschobener Rhythmen und Akzente eingeschmolzen zu werden. Dazu bedurfte es ganze spezieller Schlagtechniken und Bewegungsabläufe, die König in geschmeidiger Virtuosität vollzieht. Zusätzlich gestützt auf einem Feinsinn für dynamische Nuancen, attackhafter Dichte und verschrobener Kontemplation. In zwei Momenten ergriff er ebenso das Wort. Unterlegt mit bordunartigen Klangflächen aus dem Synthesizer, bewies König seine Lizenz zum rappen, wobei ihn seine Schlagzeugerberufung bereicherte. Mit kluger Inhaltlichkeit reagierte er in seinem Text unverzüglich auf den unfassbaren Tötungsakt der US-amerikanischen Staatsgewalt, geschuldet der Senkgrube des Rassismus, an dem afro-amerikanischen Staatsbürger George Floyd. Weiteren gesellschaftspolitischen Aufschrei verkündeten die Gastperformances der beiden Slam Poetry Künstlerinnen Elvin Brandhi (via Notebook präsent) und Coco Béchamel.

Der Drummer stellte ihnen drängende Beats zur Seite. Zwischendurch setzte er sich auch an ein reguläres Drumset in Grundausstattung  und verkündete sein exzellentes Raffinement im Umkreisen und Verlagern des Beat. Kleine Muster wie Rolls bis hin zu Aussparungen einschiebend, mit den Füßen Kreuzrhythmen auslegend. Außerordentliche emotionale Kraft, kinetische Energie hinter jedem Schlag. König denkt nicht in strikten stilistischen Regulativen. Er arbeitet an Loslösungen davon, an eloquenten Neuausrichtungen. Seine offene Konzeption hat natürlich seinen Nährboden in der Jazzkultur. Deren polymorphe Anatomie nutzt König für seinen Drang zum Fortschritt und bringt eine schlüssige, aktuelle Musik auf den Weg. Bereichert war die Performance um einen visuellen Aspekt. Die faszinierenden schlanken Laserprojektionen des Lichtartisten Bernhard Rasinger, die partiell mit den Schallwellen gekoppelt waren. Artistry In Rhythm &  New Suggestions in Sound. Desweiteren, ein zweiter Befreiungsschlag aus dem das Einmahnen einer zügigen, schrittweisen Rücknahme der Covid-bedingten Einschränkungen herauszuhören war.