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MI 22. November 2017
Die betörende Leichtigkeit der Melodik
GINA SCHWARZ´ PANNONICA PROJECT feat. Karin Hammar
Gina Schwarz (b), Karin Hammar (tb), Lisa Hofmaninger (ss, bcl), Lorenz Raab (tp, flh), Florian Sighartner (v), Clemens Sainitzer (cello), Primus Sitter (g), Judith Schwarz (dr, perc)
Die Melodik, in ihrer jazzspezifischen Ausprägung, markiert im zweiten Kapitel von Gina Schwarz´ Stageband-Book einen richtungsweisenden Pfad. Und gegeizt wird keineswegs an dahingehenden originellen, großteils einnehmenden Ideen. Die wurden konkret in Töne gegossen, zu fast gleichen Teilen, von der „Projektleiterin“ mit dem bewegend tiefen Klang und der, eine prononcierte Ausdrucksweise pflegenden schwedischen Posaunistin Karin Hammar. Nicht nur sind beide Musikerinnen gewichtige Fixgrößen in der gegenwärtigen internationalen Jazz-Community, sondern auch die Chemie zwischen beiden ist von auffälliger Deckungsgleichheit. Um eine entsprechende, anregende instrumentelle Ausgangssituation zur Verfügung zu haben, hat Gina Schwarz ihr von Haus aus schon recht nonkonformistisch besetztes Ensemble dahingehend neuerlich erweitert. Hinzu kamen der Cellist Clemens Sainitzer und Gitarrist Primus Sitter. Sofort auffallend war der unglaublich homogene Gruppensound, dessen Originalität und überlegt programmierte Ereignishaftigkeit sich sowohl in uneingeschränkter Hingabe der Umsetzung durch die MusikerInnen, als auch in der konzeptionellen Arbeit der beiden Kompositionsverantwortlichen äußerte. Deren Verständnis von melodischer Formgebung, gekoppelt mit kreativer Fortschreitung und teils unkonventionellen Färbungen, besitzt große Übereinstimmung. Lukriert jedoch in divergierenden Details ein enormes Spannungspotential. Grandios auch, wie die eigenwillig zusammengestellte Bläsersektion mit den Streichern zu kostbar extravaganten Tutti-Sätzen verschweißt wurden. Gruppierte Schwarz ihre melodischen, harmonisch geradlinig geordneten Fantasien rund um bewegungsintensive Ostinate deren Rhythmusmarkanz sich unmittelbar auf die Melodierhythmik übertrug, so bevorzugte Hammar für ihre melodischen Gestaltungszüge tonale Zentren, Motivketten und noch prägnantere Dynamikabstufungen. Gemein war den, einem aufgeschlossenen Jazz-Hauptstrom zugeneigten, nuancenreich ausstaffierten Stücken eine federleichte, emotional positive Kantabilität. Dennoch wurden Dissonanzen, ad lib-Handlungen, findiges perkussives Klangkolorit und anstachelnde Reibeflächen mit viel dramaturgischer Umsicht eingeflochten. Speziell, findig gebaut, in den von allen MusikerInnen beeindruckend aus Herz und Seele gelösten, die musikalischen Visionen vollendenden solistischen „Gesängen“. Jene frönten einer Ausdrucksbreite, mit viel ad hoc-Vermögen ausgestattet, von reichhaltigem, funktionsharmonisch bezogenem Melos bis zu erweiterten expressiven Klangqualitäten, deren Quantität jedoch nie überstrapaziert wurde. Gina Schwarz hat aus der Zusammenstellung handverlesener MusikerInnen ein zutiefst demokratisch funktionierendes Kollektiv geformt, in dem jede/jeder ein unüberhörbares Stimmrecht hat. Ausnehmend spannend das Erleben, wie man auf unkonventionelle Art freigeistig konventionell klingen kann.