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MI 17. Januar 2018
Max Nagl macht mit seinem Ensemble einen Ausflug und spielt fangen
MAX NAGL ENSEMBLE
Max Nagl (as, ts, bs), Pamelia Stickney (theremin), Joanna Lewis, Anne Harvey-Nagl (v), Clemens Salesny (as, ts), Martin Eberle (tp), Phil Yaeger (tb), Clemens Wenger (keys), Manu Mayr (bg), Herbert Pirker (dr)
Schlichte Titel wie „Pullover“, „Kapuze“, „Hornisse“ oder „Fallschirm“ trugen einige seiner Kompositionen, speziell für diesen Anlass verfasst, die „Kapellmeister“ Max Nagl im Rahmen dieses „Einmal im Jahr“-Konzertes, dass bis dato ausschließlich im Club eine Bühne findet, mit seinem phänomenalen Großensemble in Schallwellen übertrug. Schon im prägnanten, verspielten Eröffnungsstück, das nach Nagls Diktion „Starttaste“ heißen könnte, war das Kommende angelegt. Heißt, eng vernetzte, verwobene harmonische Strukturen, feinabgestimmtes klangliches Breitband, rhythmischer Budenzauber in entsprechender Akzentuierung, humoreske Pikanterien, eingeschmolzen durch Nagls raffiniert erlesene Arrangierkunst. Die folgenden Stücke bewegten sich zumeist in einem überschaubaren Zeitrahmen und gaben weitere Fassetten der kompositorischen Fertigkeiten des Saxophonisten preis. Stupend. Völlig natürliches Selbstverständnis lässt er walten, wenn Konstruktionsparameter der Vintage-Formen von Jazz, Rock, Klassik oder Folklore mit deren avancierten Folgeerkundungen Hand in Hand durch ein Territorium lustvoll beherzter Eigengesetzlichkeit wildern. Zusätzlichen Pep injizierten die kontinuierlich aufblitzenden stilistischen Zitateinwürfe aus allen erdenklich musikalischen Ecken, die kurz angedeutet, mit Köpfchen ins Eigene transferiert werden. Erstaunlich auf´s Neue, wie bravourös Nagl über die Jahrzehnte die Faserung seiner Kompositionen ausdifferenziert hat. Obwohl er bis in kleinste Detail herumtüftelt, quergedachte harmonische Überlappungen reihenweise ersinnt und verwegendste polyphone Arabesken schmiedet, ist der Musik nichts streng Formalitisches eigen. Vielmehr verbreiteten die Tonsetzungen eine geradezu intuitive Freimütigkeit und ein eingeschworenes Zusammenwirken eines Kollektivs. Gerade dieses Kollektive hat ganz stark mit der außerordentlichen emotionalen Verbundenheit bzw. der Empathie der MusikerInnen zu tun. Die mit der Leuchtfigur Nagl die Creme der kontemporären österreichischen Jazz/Avant-Klassik-Szene komplettieren. Darum Bescheid wissend und spontanen musikalischen Aktionismus liebend, hat Nagl klarerweise allen Protagonistinnen improvisatorischen Raum zugedacht. Auch dieser folgte in seiner relativ engen Bemessenheit einem logischen inneren Fluss der Konzeption. Angesichts ihrer Fähigkeiten schöpften die Ausführenden das Maximum daraus. Den wunderbaren solistischen Reigen toppend, bestachen vier besonders. Mit einer bisher ungehörten Präzision dem Theremin flirrende Sounds entlockend und den Melodiesträngen folgend Pamelia Stickney, Martin Eberle mit einem in Mark und Bein fahrenden dämpfergeprägten, dirty Trompetensolo, Clemens Salesny trieb sein Alt grandiosest mehrmals an den Rand des Wahnsinns und der „Trommelaußerirdische“ Herbert Pirker potenzierte nicht nur die verqueren Rhythmustexturen der Stücke, sonder verlieh diesen, durch den retardierenden Umgang mit dem Beat, zusätzliche Spannungszerreißproben. Sein Spiel firmiert unter dem Motto:„Was Sie schon immer von einem Schlagzeug hören wollten, aber nie für möglich gehalten hätten“. An diesem Abend war es erneut von ihm zu hören. In musikalischer und technischer Vollendung. Der Leader selbst hielt sich solistisch nobel zurück, stellte aber in seinen Momenten seine ureigenes Stilistikvokabular aus singbarer Direktheit und energischer Obsession außer Frage. Was nicht überhört werden darf, Max Nagl verantwortet mit diesem Post-VAO Konzept die Initialzündung in Bezug auf unkonventionell besetzte und multistilistisch angelegte Projektideen etlicher junger österreichischer Großformationen im Jazzradius. Das Klangwerk.