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MO 8. Oktober.2018
Wurzelbehandlung
ADAM NUSSBAUM´S LEAD BELLY PROJECT
Adam Nussbaum (dr), Steve Cardenas, Nate Radley (e-g), Ohad Talmor (ts)
Um seine Person rankt sich sowohl Mystisches als auch Legendäres. Die Rede ist von dem afroamerikanischen Sänger/Gitarristen (er spielte ausschließlich die 12-saitige Akustik-Variante) Leadbelly, bürgerlich Hudson „Huddie“ Ledbetter. Geboren irgendwann in den 1880er Jahren (die Angaben divergieren). Leadbelly war jedoch nicht der Bluesmusiker per se. Er war primär ein Nachfahre der afrikanischen Griots, der für sein Liedgut auf Kinderlieder ebenso zurückgriff wie auf Country-Songs. Blues war lediglich ein Teil des Repertoires. Seine Art des Blues fand allerdings im Blues-Oeuvre keinen großen Widerhall. Vielmehr wurde er eine einflussreiche Persönlichkeit der in den 1930 Jahren entstandenen, von weißen Musikern dominierten, amerikanischen Folkbewegung. Aus heutiger Sicht könnte man ihn als den Urahnen des populären Americana Stiles sehen. Der vielseitige Schlagzeugindividualist Adam Nussbaum verdankte Platten von Leadbelly seine grundlegende musikalische Sozialisation. Jene Wurzeln gilt es nun für ihn mit seinem Quartett aufzuarbeiten, und Nussbaum verpflanzt Leadbellys Musik mit viel Empathie und Respekt in ein charmantes Straight Ahead-Jazzmilieu. Mit interessanter Instrumentierung. Die beiden Gitarristen und der Tenorist verkörpern sozusagen Leadbelly, während Nussbaum mit gehörig Esprit den Songadaptionen ein flexibles, auf Spontaneität setzendes rhythmisches Leben implantiert. Aber es dauerte einige Zeit bis das Quartett in die Gänge kam und der Musik den Herzschlag verpassen konnte. Wiewohl Nussbaum ohne Unterlass mit Fills, Stops und kleinen melodischen Ornamenten die mobile Regsamkeit befeuerte und Anregungen einwarf. Anfänglich zeigten sich seine Partner oftmals zu überrascht davon. Grund seiner kreativen Unnachgiebigkeit schaffte es der Drummer schließlich die Interaktion kurzzuschließen. Die Gitarristen fanden Tritt und schwangen sich zu gediegenem Call & Response oder die eine oder andere zündende Improvisation über modifizierten Chorussen auf. Lediglich die Beiträge des Saxophonisten waren von Beginn an zwiespältig. Zu lasch spielte er mit den melodischen Vorgaben. Verwunderlich, da das von Nussbaum erstellte Konzept die Stücke oftmals nur fragmentarisch abhandelte und demnach genügend Raum für intuitives Reflektieren zur Verfügung stand. Auch verstand es Nussbaum die prägenden melodischen Linien in ihren Grundzügen erkennbar bleiben zu lassen, gleichzeitig sie erfrischend arrangierten Umdeutungen zu unterziehen. Zuviel Nashville-Flair war allerdings einigen Stücken von der Auswahl, als auch von deren Umsetzung her zu eigen. Das schrammte schon am Rande des Kitsches und der Klischeehaftigkeit entlang. Dennoch gut gespielt und vehement von Nussbaum zum Swingen gebracht. Eine geglückte Idee, diese markante Persönlichkeit der afroamerikanischen Musikgeschichte wieder in Erinnerung zu rufen – obendrein tiefempfunden.