Jan. 31, 2019
By Hannes Schweiger

Sorry this part has no English translation

MO 28. Januar 2019
Past Forward
AMBROSE AKINMUSIRE QUARTET
Ambrose Akinmusire (tp), Sam Harris (p, electronics), Harish Raghavan (b), Justin Brown (dr, perc)

Er bläst mit einem Ton der Verkündung.  Ihr Inhalt, eine belebend undogmatische Aufbereitung der Jazzanalen, verdinglicht mehrheitlich als frei improvisierter Flow, in den Head Arrangements oder kniffliges, auskomponiertes Material eingewoben sind. Der unbegleitete Monolog den Akinmusire zu Beginn des Konzertes formulierte und in dem bereits die ganze Jazzsaat angelegt ist, von den Growls der Old Time Jazz Größen, den rasenden Sechzehntelketten der Be Boper, der Sophistication der Cool Ästheten bis zu den Entwicklungsschritten des Modal bzw. Free Jazz und deren diverse, nachfolgende Ausformulierungen, stellte klar, dass hier einer der gegenwärtig wichtigsten, neuen Trompeter eine der wenigen als  richtungsweisend einzuschätzende Jazzvision darlegte. Origineller vielleicht noch als Stilist auf seinem Instrument. Er hat sie alle verinnerlicht die Ikonoklasten der Jazztrompete, heißen sie Armstrong, Cootie Williams, Dizzy, Miles, Bill Dixon, Don Cherry, Lester Bowie oder  Roy Hargrove. Letzterer ein besonders wichtiger Einfluss für Akinmusire. Akinmusire beleuchtet deren musikalische Spezifika mit der Aufgeklärtheit und dem Pluralismus heutiger Ästhetik, die er bereits weit nach vorne richtet. Entscheidend in seinem Spiel, seiner Musik ist die Tatsache, dass er nicht rein virtuos durchpaust, sondern die Errungenschaften, und deren innewohnendes Innovationspotential, der Ahnen, durch die prägnante Individualität seiner Persönlichkeit ins Eigene transformiert. In seinen Partnern hat er kongeniale chemical brothers gefunden. Auch sie begnadete Traditions-Reformer. Aus dem brennenden Interaktionsvermögen des Quartetts, im Zuge dessen der Ausdrucksautonomie jedes einzelnen keine Schranken auferlegt sind, vielmehr wird der Schaffensprozess mit außerordentlicher Sensibilität und sensorischem Reagieren vorangetrieben, erwächst dem Freiheitsbegriff eine neue Bedeutung. Improvisatorisch als auch in der Formgebung - intuitiv wie kalkuliert, wird mit Sinnfälligkeit ausgelotet, die Rasterung gesprengt, die Freitonalität mit unmittelbarer Emotionalität geflutet, gängige Tonbildung auf den Instrumenten in die Geräuschwunderwelt ausgedehnt. Akinmusire steckt dabei den kompletten Tonumfang seines Instrumentes ab. Mit frappanten Ansatztechniken, Zirkularatmung, Ventilexperimenten. Konzeptionell spannend war unter anderem, dass der Schlagzeuger zumeist mit deutlich forciertem Tempo gegenüber dem seiner Mitspieler den rhythmischen Sturzbach verantwortete. Metrisch abgekoppelt, frei akzentuiert, ab und an doch in time, einen hip hop-Groove abstrahierend, rudimentär rockend, unaufhörlich pulsierend. Dem setzte der Pianist, eine die monksche strukturelle Asymmetrie und Kantigkeit weiterdenkende, harmonische Unorthodoxie hinzu. Der Bass ließ die niederfrequente Substanz der Musik nie aus der Hand. Überraschende Wendungen implizierten kontinuierlich hypnotische, repetitive Muster, auf denen der Schlagzeuger orgiastisch tanzte, zum einen, gospelgetränkte Hymnik zum anderen. Das Quartett schreibt nachdrücklich am nächsten Jazzkapitel mit Akinmusire und seinem triftigen Ton als Erzähler. Es schlug dem Trompeter publikumsseitig viel Wertschätzung entgegen. Das sollte weiterhin seinen musikalischen Forschungstrieb anstacheln.