March 29, 2019
By Hannes Schweiger

Sorry this part has no English translation

MI  27. März 2019
Monks Größe
WOLFGANG SCHMIDTKE ORCHESTRA „MONK´S MOOD“
Wolfgang Schmidtke: musical director, bass clarinet, soprano saxophone
Ryan Carniaux, John-Dennis Renken, Martin Ohrwalder, Nikolaus Neuser: trumpets, Gerhard Gschlößl, Thomas Heitzmann, Mike Rafalczyk: trombones, Peter Cazzanelli: bass trombone, Nicola Fazzini: alto saxophone, Gerd Dudek: tenor saxophone, Helga Plankensteiner: baritone saxophone, Michel Lösch: piano, Igor Spallati: bass, Bernd Oezsevim: drums

Die liegt diskussionslos auf der Hand. Zu Lebzeiten außerhalb von Musikerkreisen polarisierend, Grund seiner Kauzigkeit oftmals belächelt, war er einer jener des Neutöner-Triumvirates der 1940er Jahre, das die Modern Times des Jazz einleiteten und damals bereits ein erweiterungsfähiges Form-, Klangkonzept etablierten, welches die Folgeentwicklungen des Jazzkanons mit grundlegenden Botenstoffen versorgte. Genaugenommen, nach wie vor versorgt. Nachdrücklich untermauert, mit Dringlichkeit und überbordendem Verve auf emotionaler Hochebene, vom noch um entsprechenden Bekanntheitsgrad ringenden Wolfgang Schmidtke Orchestra – umwerfend grandios. Die hundertjährige Wiederkehr von Monks Geburtstag war ursächlicher Anlass für Wolfgang Schmidtke, deutscher Saxophonist/Bassklarinettist und Jazzpädagoge, einen großformatigen Klangkörper (in Big Band Instrumentierung minus ein Saxophon), gebildet aus MusikerInnen der aktuellen norddeutschen Jazzszene, zusammenzustellen. Und ergänzend setzte er alles daran die andere deutsche Saxophonikone, Gerd Dudek, für dieses Projekt zu gewinnen. Nun ist es aber doch so, dass die Idee, dem Werk des hochgradigen Individualisten Monk mit Big Band Arrangements nachzuspüren, fürwahr eine gewaltige Herausforderung darstellt. Monk selbst hat zweimal in seiner Karriere (1959, 1963) Musik von ihm selbst in einen orchestralen Kontext (Tentett), arrangiert von Hall Overton, gestellt. Mit durchwachsenen Ergebnissen. Schmidtke, der auch das eine oder andere gebündelte, feine Sopran- bzw. Bassklarinettensolo entwarf, deklarierte sich in seinen mannigfaltigen Arrangements als eingefleischter Monk-Insider. Vom ersten Stück an, „Thelonious“, gab es keine Zweifel, dass Schmidtke die Systematik der monkschen Musik wie nicht sobald jemand rezipiert hat und daraus ein eigenes Klangkompendium, im Präsens angelegt, reifen lässt. Originäre, substantielle Einfälle treiben es in der Arrangierkunst des Leaders buntest. Bestechend spielt er mit, zerlegt, ergänzt, reformiert der/die spezifische Intervallik, Soundfunktionalität,  Dissonanzenausschweifungen und vor allem dem Humus, die unvergleichliche Rhythmik mit seinen abstrusen Verschiebungen, des Kosmos Monk. Finesse, nie in der Verlegenheit sich ein Bein zu stellen, prägt die Aufteilung der Monk-Eigenheiten auf die Bläsersektionen. Da werden kontrastreich alle Klangmöglichkeiten genutzt.  Eine wirklich jugendliche Trumpetsection strahlt mit ihr zugedachten, messerscharfen Akzentuierungen und halsbrecherischem Punch, die Posaunen besorgen die tieftönige, wallende Grundierung und die Saxophone jubilieren in tänzelnder Leichtigkeit. Eines greift homogen ins andere und die stakkatierende Eckigkeit als auch die monktypische Formgebung – Blues- oder tradierte AABA-Songschemata – explodieren förmlich in einer massiven Multiplikation, teilweise Abstraktion. Immer klar in den Konturen, präzise in der Intonation, Polyphonie, kniffligen Kontrapunktik und spannend aufgefächerten Akkorden hinter den Soli, das Kollektiv. Apropos Soli, deren musikalische Inhaltlichkeit, Relevanz und Affinität zur Musik Monks, spiegelten ein improvisatorisches Niveau der Güteklasse 1 einer(s) jeden Einzelnen wider. Allen voran Orchester-Methusalem Gerd Dudek der in „Pannonica“ sein ganzes „Saxophon-Leben“ ausbreitete. Helga Plankensteiner schöpfte in der mittleren und tiefen Lage ihres Baritonsaxophones aus dem Vollen, wie man es nicht alle Tage hört. Zurück zu den Trompetern, die waren gleichermaßen in der Momentkreativität zuhörerregend. Weil brillant und intuitionsbegnadet. Gelegentlich meinte man einer Art metaphysischem Monk-Pianosolo, das zwingend tonal expandiert, gewahr zu sein. Leuchtend vor bizarren melodischen Details bis hin zu den exzentrischen Akkordprogressionen, die immer wieder in Clustern umkippten – zweitönig oder büschelweise. „Friday The 13th“, „Monk´s Mood“, „Well You Needn´t“ waren weitere Titel der Setlist (die teilweise jener von der Platte „Thelonious Monk Orchestra At Town Hall“ glich) die in einer solchen bis dato nicht gehörten Orchestrierung bzw. Diktion neu vermessen werden. Das Wolfgang Schmidtke Orchestra als derzeit profundeste  Anlaufstelle. Die Wirkungsgeschichte des Komponisten Monk geht unvermindert weiter – „Monks Dream“.