Sorry this part has no English translation
DO 02. Mai. 2019
Altersvorsorge durch Improvisationsanleihe
JOHN SCOFIELD „COMBO 66“
John Scofield (g), Gerald Clayton (p, hammond), Vicente Archer (b), Bill Stewart (dr)
Jetzt ist es auch schon eine Weile her, dass der andere große, stilbildende Gitarrist der 1980er Jahre seinen 66. Geburtstag beging. Aus diesem Anlass, stellt der, eine Vorliebe für 60er-Zahlen hegende Saitenästhet eine neue Band auf die Beine, die weiterhin sein Hauptschaffensfeld bedeutet. Mit Scofield im Verbund sind diesmal wiederum sein Alter Ego Bill Stewart am Schlagzeug und zwei prägnante Persönlichkeiten der Jazz-Gegenwart; der Tastenkönner Gerald Clayton und der Kontrabassist Vicente Archer. Für den Gitarristen, für den die Türen des Clubs schon seit langem weit offen stehen, scheint das Porgy ein Kreativgenerator respektive eine Wohlfühlrefugium zu sein, was er anhand relaxt humoriger verbaler Kontaktaufnahme mit dem Publikum zum Ausdruck brachte. Ersteres Faktum war alsbald in Tonkunst gegossen und unmittelbar sprang detto der Funke über. Die erste halbe Stunde ging es die Combo gemütlich an. Sie verpflanzte die Musik, ausgehend von Motiven/Themen Scofields, in balladeskes Ambiente in dem das Quartett eine einigermaßen reduktionistische Strukturentwicklung pflog. Sowohl in den notierten Parts als auch in den mondänen Improvisationen, wurde Pausen und nur dem Anschein nach musikalischen Unfertigkeiten triftiges Spannungspotential zugedacht. Eine Lektion die Scofield bei Miles verinnerlicht hat und auf Basis derer er seine ruhig dahintreibenden, modal konnotierten Soli gründete. Melodische Üppigkeit, immer von einer logischen Binnenstruktur gelenkt, eigendefinierte harmonische Grundlagen der Jazz-Moderne, bannende laid back-Narrativität, melodierhythmische Finessen brachten seine Chorusse zum Leuchten. Gekleidet in einen klar skizzierten, vokalen Qualitäten zustrebenden, signifikanten Ton. Durchhörbar zudem, dass er damit seine Helden, Wes Montgomery, Jim Hall und Pat Martino, hoch leben ließ. Traumwandlerisch mit Sco verbunden, mit kompletter Übersicht, klanglich weithörend, das Timekeeping andauernd modulierend, sodass Akzentuierungen an den unerwartetsten Stellen ihren Niederschlag fanden, arrangierte Stewart das rhythmische Areal. Bassist Archer stellte mit steady sound und geschmeidigen Hooks kluge Ergänzungen dazu. Aus diesem Flow heraus forcierte Stewart zwingend das Tempo und legte neue polyrhythmische Fährten aus. Scofield wurde nun auch energischer, räudiger, aber immer mit feiner Klinge. Verzerrungen schattierten seinen Ton und ein weiter Einfluss widerspiegelte sich: der von Jimi Hendrix. Jetzt spielte der Gitarrist seine nach wie vor gültige Mixtur aus Rock-Posen und Bop-Diktion in aller Kunstfertigkeit aus. Gerald Clayton unterstütze mit raumgreifender, soulful Akkordmusterung an der Orgel und strotze am Flügel als idealer improvisierender Intimus von Scofield. Rasant swingend, zuzüglich einer catchy Funkyness entfachten die „Comboisten“ nochmals einen dramaturgisch fesselnden Bildersturm. Still crazy after all these years.