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FR 31. Mai. 2019
Imagination, Imagination and Imagination
BENNY GOLSON QUARTET “90th BIRTHDAY TOUR”
Benny Golson (ts, storytelling), Joan Monné (p), Ignasi González (b), Jo Krause (dr)
Imagination, darauf verwies Benny Golson in seinen ausführlichen Erzählungen bezüglich seines Lebens mit dem Jazz zwischen den Stücken, als die herausragende Eigenschaft eines Jazzmusikers, in Gegenüberstellung zu einem klassischen Interpreten, mit Nachdruck. Imagination - Baustoff der Improvisation. Wahrlich, er weiß wovon er spricht. Unglaubliche 90 ist er heuer geworden. Einer der wenigen lebenden Kreativköpfe der Gründergeneration des Bebop. Übersprudelnder Imaginationskraft verdankt er seinen hervorragenden Ruf als Tenorsaxophonstilist und im gleichen Maße als prägender Komponist und Arrangeur an der Schwelle zur Jazz-Moderne. Den vorherrschenden Gestaltungskomponenten des Bebop, wie etwa die Ausweitung der harmonischen und tonalen Zusammenhänge, die komplexe rhythmische Strukturierungen mit raffinierter Off-Beat Positionierung, die rasanten Tempi, fügte Benny Golson als einer der ersten, das lyrische, in moderatem Tempo voranschreitende Element hinzu. Das verlieh einerseits seinem wendigen Spiel jene unverkennbare Note, anderseits setzte er mit seinen von unorthodoxer Harmonik und Stimmführung gekennzeichneten Kompositionen und Arrangements erweiternde Maßstäbe. Texturprinzipien, die er vor allem als einer der zentralen Figuren des Hard Bop-Zirkels zu größter Meisterschaft brachte. Hardbop wurde sein bevorzugtes Idiom, wiewohl er dieses immer aus sehr aufgeklärter, aber gemäßigter Sicht auf diverse nachfolgende Entwicklungen, pflegte. In den nachfolgenden Jahrzehnten avancierte Golson zum gefragten TV- und Filmkomponisten und Jazz-Pädagogen. Er schrieb, mit der Klassik harmonierende Symphonien und ist bis heute als Jazzmusiker umtriebig. Nun hat sich der erstaunlich vital und frisch wirkende Grandseigneur also auf „Geburtstagszelebrierungstour“ gemacht. Mit einem Trio, das ihm schon länger zur Seite steht. Gebildet aus zwei Spanieren an Klavier und Bass und einem deutschen Schlagzeuger. Das Programm war gespickt mit all den bereits Jazz-Standard Status erlangten Golson Kompositionen.
I Remember Clifford, Whisper Not, Along Came Betty, Blues March, Are You Real etc. Immer noch glänzt sein großer warmer Ton am Tenor, immer noch lässt er sich auf harmonische und Off-Beat Wagnisse innerhalb tonaler Gefilde ein, verströmt melodische Opulenz. Lebendige Imagination. An die seine Mitspieler nicht anschließen konnten. Sie waren aufmerksame aber musikalisch unauffällige Begleiter. Pianist und Bassist besaßen eine gepflegte Technik, wohingegen der Schlagzeuger mit schauerlicher Schwerfälligkeit und ungelenker Körperlichkeit irritierte. Man gewann den Eindruck, der geht in den Keller swingen. Eine schwer verständliche Wahl. Was swingen heißt hupfte der Neunzigjährige unentwegt eindrucksvoll vor. Demzufolge machte Golson mit seinen Soli die er in fünf, sechs Chorussen bündelte, Weisheit transportierte das Wesentliche, jene Mängel vergessen. Seine verbalen Erläuterungen, präzise formuliert, durchdacht, spannend aufbereitet, wirkten wie eine Lecture über den Modern Jazz und waren eine bereichernde Zutat. Quasi ein must be. Er referierte mit glühender Leidenschaft über die musikalischen Anfänge mit und seine spätere Bewunderung für John Coltrane, die verrückte Zeit mit Dizzy, die Experimente mit Art Blakey´s Jazz Messengers, streute Stories über Miles, der seine Komposition Stablemates adelte, ein, geriet in Euphorie wenn er über Clifford Brown sprach, schwärmte über die Zusammenarbeit mit Art Farmer im berühmten Jazztet, unterstrich seine Verehrung für Philly Joe Jones und, und, und. Golson breitete die Faszination Jazz vor sich aus. Das wirkte wie Gravitation auf die Hörerschaft. Seine Überzeugung der ständigen Erneuerung des Jazz brachte er ebenso auf den Weg. Denn die Persönlichkeiten mit dem individuellen Ausdruck werden dem Jazz nicht so schnell abhandenkommen.