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DO 13. August 2020
Ménage-à-deux
LOUIS SCLAVIS / BENJAMIN MOUSSAY
Louis Sclavis (cl, bcl), Benjamin Moussay (p)
In kleinen Dosen nehmen die MusikerInnen wieder ihre internationalen Tourtätigkeiten auf. Unter Berücksichtigung der hinlänglich bekannten Vorgaben usw. und sofort. Somit ist ein Engagement der einen oder anderen Künstlerpersönlichkeit aus dem Ausland auch wieder möglich. Vorerst und pandemiebedingt geographisch eingeschränkt. Das Porgy packt auch diese Möglichkeit sofort beim Schopf. Demzufolge kamen die beiden famosen französischen Musiker auf Konzertbesuch vorbei. Aufgefrischte Erkenntnis nach wenigen von ihm gespielten Tonfolgen: Sclavis ist heute der, der in der Nachkommenschaft Eric Dolphys und dessen bahnbrechender Neuaufstellung der Bassklarinette, neben Altmeister Michel Portal der Jazz-Stilist „bestenshin“ auf diesem Instrument ist. Wobei er keinen „Doplyismen“ nachhängt, sondern ganz im Sinne des Vermächtnisses dieses Ausnahmemusikers, sich sein eigenes ästhetisches und weitgefasstes instrumentaltechnisches Ausdrucksrepertoire erschlossen hat. Und Duo-Konstellationen sind im Laufe der Jahrzehnte für Scalvis zu einem Nervus Rerum geworden. Unzählige Partnerschaften mit Koryphäen wie eben Michel Portal, Joachim Kühn oder Ernst Reijseger sind in die Jazzgeschichtsschreibung unauslöschlich niedergeschrieben. In dem Pianisten Moussay ist er auf einen ebensolchen „Gleichgetakteten“ gestoßen. Und dann öffneten sie ihre pralle „Melothek“. Schnörkellos und andererseits in abenteuerlichen Verwindungen ließen sie ihren melodischen Fundus ins Freie laufen. Vorgefertigt organisiert steht dieser hier für strukturschaffende Rahmenhandlungen, aufregend durch Tempo- und Dynamikwechsel gegliedert und dargeboten in halsbrecherischem Unisono oder gewitzter Parallelführungen, dort für stupende improvisatorische Imaginationskraft von unglaublichem Fluidum. Tonalität war das Bewegungsrefugium. Doch zündelten die beiden ab und an mit wohlfeilen Deviationen. Mit dem Vermögen von stacheliger Eleganz, ansprechender Nonchalance und Kohärenz in der Interaktion. Ihren Maelstrom speisten Sclavis und Moussay zusätzlich mit enormem Tiefgang. Kontrolliert exzessiv, wofür die Bassklarinette kaum in Falsett-Schreie getrieben wurde, sonder ihre magische Niederfrequenz von Sclavis ausgelotet wurde, der Pianist seine eskapistischen Tontrauben glasklar skizzierte oder zum zweiten im Ansinnen gänsehäutiger impressionistischer Einkehr. Getragen von exemplarischer Anschlagkultur bzw. lupenreiner Intonation und Artikulation an den Klarinetten – vornehmlich der Bassklarinette. Kurzschlüsse mit dem Jazzkanon der letzten fünf Jahrzehnte waren genauso präsent wie die galante französische Melodik von der Klassik bis zum Chanson. Aber eben in jener hohen improvisatorischen Kultiviertheit. Dringlichkeit und Ergriffenheit spielten all ihre Intensität und Wahrhaftigkeit aus. Musique exceptionnelle.