Sept. 8, 2020
By Hannes Schweiger

Sorry this part has no English translation

DI 01. September 2020
Wiederholte Eröffnungsgroßtat
RATZER/HERBERT/EXTRACELLO
Karl Ratzer (g, voc), Peter Herbert (b), Edda Breit, Gudula Urban, Melissa Coleman, Margarethe Herbert (cello)

Wenn das Einläuten spezieller Begebenheiten ansteht, wäre wohl kaum jemand anderer berufener, als die kreativgetriebene Lichtgestalt des heimischen Jazz-Forums, Karl Ratzer. Das ist eben schon lang lebende Geschichte. Mit seinen 70 Lenzen treibt ihn die Abenteuerlust unbändiger und kennzeichnet ihn eine Vitalität stärker denn je. Die Eröffnung der 28. Spielsaison des Porgy, so schien es, bereitete ihm besondere Lust und Freude. Nicht minder davon erfüllt, ließen seine KollegInnen diesmal jene Schatzkammer der Synergie aus europäischer Musiktradition und aufgeklärter Jazzhaltung des ratzerschen Musikpalastes erstrahlen. Die Verbindung Ratzer - Publikum war unmittelbarst gegeben. In den Ansagen lief der Schmäh, charmant, treffend. Sein Ton, sein Spiel, sein Gesang greifen immer direkter auf das Herz zu, der Seelenzustand reagiert beglückt. Das steht im Einklang mit der  Kunst des Auslassens, der Einkehr zum Substantiellen, die der Gitarrist konsequent vorantreibt, perfektioniert. Es ist die Abkehr Ratzers von Routinen hin zu dem was er noch nicht gespielt hat. Die Bravour dabei wächst beständig. Große Unterstützung sind ihm dabei zum einen Peter Herbert, ebenso ein Großmeister des musikalisch Notwendigen, und der feinstoffliche Gehalt, das ausschwingende, unaufgeregte Con Moto der Beiträge der Cellistinnen. Genau dieser Gelassenheit, verstärkt durch die atmenden Arrangements, frönte der „Sir“ genüsslich. Die Songs, erfahren dadurch jene vliesartige Beschaffenheit, die Ratzer immer mehr präferiert. Er findet noch mehr Freiraum für die Ausgestaltung der Songs, für sein improvisatorisches Flanieren, die laid back-Sangeskunst. „Sweet Lorraine“ beispielsweise wird zu einem Anagramm. Ratzer fragmentierte die Melodie, streute nur funktionsharmonische Exzerpte ein, das Wesen des Stückes gewinnt enorm an Intensität. Peter Herbert swingt, groovt in Überlegenheit dazu. Er hat den Magnet Rhythmus fest in Händen. Und ist das unverzichtbare Link zwischen dem Gitarristen und den Cellistinnen. Deren dahinschweifende schmale Klangbänder einerseits oder verheißende Klangflächen andererseits – homogene Verschränkungen ausgeklügelter Funktionalismen der Klassik und jazzharmonischer Freizügigkeit -, verantworten die variable Körperlichkeit der Musik. Welch unerhörte Fassetten dringen aus Stücken wie dem souligen „Moondancer“ oder balladesken „You Must Believe In Spring“ hervor. Seine Hymne „My Time“ zäumte Ratzer abermals von einer ganz anderen Seite auf. Die lässige Hookline ertönte in Morsemanier, die Stimme watete knietief im Blues, vom Rest der Band kamen die Glutnester. Oder: Bei der diesabendlichen Version von Peter Greens Bluesrock-Klassikers „Oh Well“ vertiefte sich Ratzer zudem in Klangsplitterungen a la Derek Bailey und perkussive Erkundungen des Gitarrenkorpus. Eingebettet in ein klangfarbenbasiertes Arrangement sehr offener Stimmführung, wuchs sich dieser zu einem „Dissonanzen Sextett“ aus. Echos aus dem Helenental gabs zum Drüberstreuen. Ein Extra-Streich dieser illustren „Saitenrunde“ zum Grand Reopening des Clubs.