Dec. 29, 2020
By Hannes Schweiger

Sorry this part has no English translation

DI 22. Dezember 2020
Von Schaukelpferden, Legosteinen und Bilderbüchern
LITTLE  ROSIES KINDERGARTEN
Anna Anderluh, Anna Widauer (voc), Lisa Hofmaninger, Werner Zangerle, Robert Schröck (reeds), Johannes Bankl (tp), Matteo Haitzmann, Florian Sighartner (v), Clemens Sainitzer (cello), Helmut Mühlbacher (e-g), Lukas Leitner (keys), Philipp Kienberger (e-b), Judith Schwarz (dr), special guest: Christian Reiner (voice)

Man stellt wiederum einmal fest: Bemerkenswert, was da hierzulande in jüngster Vergangenheit ausgewachsen ist aus dem Humus jazzinhärenter Großformationen, dem Dekaden zurückliegend mathias rüegg mit seinem VAO neue Qualitätsmerkmale verliehen hat. In Erinnerung gerufen seien beispielsweise Studio Dan, Jazzorchester Vorarlberg, Christian Muthspiels OrJazztra, Ralph Mothwurf Orchestra. Dieser Reigen spinnt such fort mit einem weiteren blendenden Kollektiv, das sich den launigen, positiv besetzten Namen Little Rosies Kindergarten gab. Dreizehnköpfig, föderal besetzt, unkonventionell instrumentiert, in Wien ansässig. Ausgelegt als paritätisches Gremium. Entsprechend sind auch die musikalischen Ingredienzien von ergiebiger und kaleidoskopischer Vielfalt. Und stilistisch berührungsängstebefreit. Stringent den originären Gruppensound kultivierend. Für die MusikerInnen ist das Konzept ein formelastisches „Playmobil“, mit welchem sich rund um ein tonales Zentralgestirn austobt wird. Exemplarisch stehen introspektive Klangflächen, charakterisiert von feixenden Streichinstrumenten u.a. in freier Fugenform, repetitive Motivabläufe, in die sich auch figurative Variationen einmischen, kollektive klangfarbenzentrierte Pointilismen, freies extrovertiertes Collagieren oder harmonisch elaborierte Liedformen. Der beiden Sängerinnen lockt es die Sprache. Lisa Hofmaniger lenkte mit Handzeichen durch irrlichternde Strukturen. Wie in anderen Stücken, ausschließlich Schöpfungen der Ensemblemitglieder, verdeutlicht auch dieses - es liegt nahe, dass es aus dem Fundus der Saxophonistin stammt  -, wie eloquent vorgedachtes Material spontaner Entäußerung die Rutsche legen kann. Pendelbewegungen zwischen Sperrigkeit und Melodielust. Gleichklang versus wunderbarem Ungleichklang. Kontrapunktisch unglaublich ausgeschlafen. Hinzu tritt unentwegt die rhythmische Energetik, die Judith Schwarz in eine feingliedrige Groovness packt, die gleichfalls auch trocken rocken kann, wobei metrische, tempomäßige Verrücktheiten für sie ein Kinderspiel sind. Überhaupt, verspielte Präzision gibt für die Umsetzung den Ausschlag. Meisterhafte Instrumentalistik aller zeigt sich quasi im Nebenbei. Eben auch in den Soli quer durch die Band. Weitschweifigkeiten gab man diesbezüglich keinen Vorzug. Die Improvisationen gerieten zum Konzentrat der Piecen. Mit grundharmonischen Bezügen, die dann und wann jedoch jauchzend negiert wurden. Da jetzt jemanden aus der Clique hervorzuheben, schickt sich, angesichts der Meisterschaft durchwegs, nicht an. Zwei Stücken verlieh Christian Reiner mit seinen spontanen Textimprovisationen, seiner Körpersprache eine aufwühlende performative Dramatik. Jazz-Extended verortet im Jetztzeit-Plural, umfasst von Songformaten, Kammersituationen oder wuchernden Ergiebigkeiten. Selbstständige, herzerfrischende „Kindereien“.