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SO 15.08. 2021
Power Pack mit Temposünden
PER MATHISEN/ NGUYEN LE/ GARY HUSBAND
Per Mathisen (e-b, acc-b), Nguyen Le (e-g), Gary Husband (dr)
Knallharte, stromgespeiste Basslinien/Riffs schlugen einem fast furienhaft entgegen. Ein Konglomerat aus Slap und Tapping-Technik. In einem unheimlich anmutenden Temporausch. Urheber Mathisen ließ über die Quelle seiner Inspiration keine Zweifel aufkommen – Jaco Pastorius. Mittels diverser, sehr überlegt eingesetzter elektronischer Gerätschaften, entwarf der Bassist komplex verschachtelte Melodielinien, folglich harmonische Häufungen, die in aufreibender Kontrapunktik zu den, trotz aller ausgeführten Makroenergetik, feinziselierten, weitgefassten harmonisch-melodischen Aggregatzuständen von Nguyen Le standen. Gelegentlich war Mathisens Output zu überfrachtend, die Interaktion verlagerte sich zu sehr in Richtung seiner Person. Virtuosität wandelte sich zum Selbstläufer. Das berühmte „Weniger“ wäre hier mehr gewesen. Fürderhin war oftmals Mathisens metallischer E-Bass Sound zu dominant. Und er gab in dieser in den Grundzügen eigenmächtigen Jazz/Rock-Symbiose, ebenso hinsichtlich der rhythmischen Strukturierung ein wenig selbstsüchtig zu häufig den Ton an. Immer wieder gewann der Eindruck Oberhand als hetze Drummer Husband den Basskapriolen hinterher. Hierbei wirkte dieser in seinem Spiel nicht übermäßig variantenreich. Ständig wiederkehrende idente Patterns aus Paradiddle- und Triolenketten, herkömmliche Fills ließen auf eine gewisse fehlende Vertrautheit mit dem Material vermuten. Verwunderlich, denn Husband ist einer, der als großer Könner im Ruf steht. Das der musikalische Wesenskern, dessen funkelnde Schattierungsvielfalt, Dringlichkeit nicht unterging, lag am Kreativfundus von Le. Sein Mischverhältnis aus den Materialbeständen Jazz, Rock, traditionelle vietnamesische Musik, welches ein essentiell organisches ist, sprengt Kategorisierungsversuche. “Call It Anything“ scheint uns der Gitarrist zuzurufen. Er denkt polyglott, prahlt nicht mit Finessen, er trachtet nach dem unmittelbaren Berühren von Gefühlswelten. Mit atypischen melodischen Wendungen, harmonischen Gratwanderungen als auch irrwitzig gelenkiger rhythmischer Bissigkeit, zog Le mit großer Aufmerksamkeit und Initiativkraft moussierende Schneisen in das speedige Gefrickel des Bass Vikings. Somit fanden sich die beiden anderen Musiker oftmals in die Rolle fleißiger Sidemen versetzt. Doch Le drängte nicht ins Scheinwerferlicht. Denn auch seine Improvisationen sind überlegte, konzentrierte Extrakte, die Themen oder Riffanordnungen sich zwanglos entfalten lassen. Und Le verantwortete die Dynamikbandbreite und die Dramaturgie der brodelnden Energiemusik, deren unkontrolliertes Überkochen er damit souverän hintan hielt. Mit weniger Protzigkeit bzw. mehr Inspiriertheit von Nguyen Les Partnern wäre die Musik durch die Decke gegangen. There comes a time.