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MI 23. Dezember 2021
String Driven Thing
KARL RITTER & KOMBOJANER
Karl Ritter (e-g, acc-g), Herbert Pirker (dr), Philipp Nykrin (keys), Andrej Prozorov (ss, ts)
Vor fünfzig Jahren bekam er seine erste Gitarre, seit diesem Tage ist sie ihm kreative Vermittlerin und seit vierzig Jahren bestreitet er mit ihr und all den inzwischen hinzugekommen Geschwistern seinen Lebensunterhalt, verkündete der Gitarren-Krösus eingangs. Und das auf den Bassisten Erich Buchebener krankheitsbedingt verzichtet werden muss. Rohdiamantische Akkordprogressionen - dicht gebündelt - katapultierte Ritter unverzüglich in den Äther, verpackt in harschen Nirosta-Sound. Dessen einnehmende Entfesseltheit einen Energieschub lostrat. Mit geschmeidiger Wucht klinkte sich sodann Herbert Pirker ein. Weitverzweigte rhythmische Verstrebungen fuhren aus. Da flitzten Akzentuierungsasymmetrien, verblüffende rhythmische, metrische Finessen nur so dahin. Komplexe Fills schraubten den Thrill in den roten Bereich. Selbst wenn er four to the floor spielt, kommt das in einer agilen Gestik daher. Ein immenser motorischer Impact.
Den Klangfarbenmehrwert, die polyphone Vielschichtigkeit potenzierte, mittels Sequenzierungen oder experimentierfreudiger Auslotung, Philipp Nykrin an den Keyboards. Das verkündet völlig eigenständigen Charakter was er an Klangqualitäten diesen entlockt. Hier wandert er relevant auf den visionären Spuren von Joe Zawinul. Nykrin ersinnt nonkonforme Harmoniearchitektur, einen verbogenen Melos. Intuition ist im dabei unerlässlicher Antrieb. Umfassend denkend verfolgte der Tastenvirtuose kongenial mit Ritter eine harmonische und Pirker eine rhythmische Koinzidenz. Dazwischen improvisatorische Originalität. Elastische Bassfiguren hatte er aus gegebenem Anlass obendrein immer wieder zur Hand. Ritter entrang es weitere energische Ideenblöcke, als prägnante Hooks, Licks eingeworfen oder in wallende Klangstränge gewandet. Mit messerscharfem Ton legte sich das Sopran darüber. Andrej Prozorov intoniert bemerkenswert - und sehr eigen. Themeneinheiten reihte er unterbrochen aneinander. In rhythmisch strukturierender Off-Beat Manier. Extemporierte Ausschweifungen schob der Saxophonist ebenso dann und wann ein. Am Tenor blieb Prozorov unscheinbar. Lediglich kurze, ergänzende Pattern setzte er hinzu. Und wieder schwoll die Interaktion dionysisch an. Lieferte dem Bandsound die einzigartige rittersche Substanz. Kollektiv wurde der musikalische Reigen gestoppt, verzögert, umgelenkt und wieder losgelassen. Spontaneität quoll dabei aus allen Fugen. In gehörigstem Maße bei Ritter und Nykrin. Prozorov setzte die luziden Klangtupfer und Pirker groovte die Band in einen einzigartigen kinetischen Zustand. Nicht einzelne Stücke strukturierten den zusammenhängenden Ereignisbogen, sondern klug gesetzte dynamische Nuancen. Womit wir beim Spezifikum Sound angelangt wären. Karl Ritter ist ein selten begabter Sound Komponist/Konzeptionist. Entschlossen leidenschaftlich strebt, forscht er danach undogmatisch gehandhabte, freigeistig aufgebrochene Rockzentriertheit mit starker Jazzfermentierung unter der Prämisse Improvisation zu einem zwei Seelen, ein Herz-Geschöpf zu verschmelzen. Jazzrock neu hören. Und die Kombo ist ein ziemlicher Idealzustand.