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DO 10. März 2022
Klangfindung auf der Überholspur
KRBAVAC / SALESNY / DOLP & FRIENDS
Karl Wilhelm Krbavac (e-g, viola da gamba, p), Clemens Salesny (as, ts, cl, bcl, toys), Niki Dolp (dr, perc, p), guests: Sara Kowal (harp), Woody Schabata (vibes), Lukas Kranzelbinder (e-b)
Er feierte sich selbst. Zum 70. Male jährte sich vor nicht all zu langer Zeit für ihn das „Licht der Welt erblickt-Ereignis“. Er lud auch Gäste sich ein. Kern der musikalischen Ereignisse war das Trio Krbavac, Salesny, Dolp, welches den Löwenanteil davon auslöste. Krbavac himself eskapierte an Viola da Gamba, E-Gitarre und Klavier. Wie er es längstens schon anlegt, raste der Instrumenten-Multi, Undifferenziertheit vermittelnd, berserkerhaft über Griffbretter und Tastatur. Ausnahme bildete lediglich ein Hommage-Stück bei dem er einem Adagio-Narrativ nachhörte. Klangknäul um Klangknäul wirbelten also durch den Raum. Selbst deren konkrete Binnenstrukturen, sofern diese vernehmbar waren, erzeugten keinen Bann der Dringlich- oder Ergriffenheit. Um ihnen andererseits Kauzigkeit, bizarre Humorigkeit zu attestieren, ertranken die Strukturen chancenlos in jenem Noisewust. Irritierend, dass jemand mit zweifelsfrei profunden technischen Befähigungen und reichhaltigst gebildeter Musikalität, sich, einer einzigen Diktion folgend, dermaßen in Geißelhaft nimmt. Dazu verstreute Krbavac noch einige Sprachtraktate, im Versuch den Geist der Wiener Gruppe zu beschwören, die ziemlich aus der Zeit gefallen wirkten. Als „Sonnenaufgang“ umschrieb der Musiker dereinst die Begegnung mit der Musik Weberns und Hauers – „die Reduktion auf das Wesentliche, kein Firlefanz“.
Diesem Ansatz hat er jedoch abgeschworen. Übersteigertes Übermaß und viel Brimborium ist es geworden. Derweilen mangelte es nicht an gewichtigen Ideen, Initiativen seitens seiner PartnerInnen. Multiholzblasinstrumente-Krösus Salesny packte immer wieder zwingende melodische Griffigkeiten aus. Thematisch gefasst und rhythmisch markant, flexibel. Noch dazu mit seinem wesenseigenen, ergiebigen Ton. Salesnys Antennen sind sowieso ständig hochsensibel auf empfangen bzw. senden eingestellt. Selbiges an Feinnervigkeit legte „Klangzeuger“ Niki Dolp offen. Für ihn gilt es jeden Quadratzentimeter seiner Trommeln und Cymbals zuzüglich ausgewählter miscellaneous Instruments zu nützen. Für kleine, knisternde Perkussivmelodien, die er mit metrischer/rhythmischer Wandelbarkeit aufkochen ließ. Die Balance zwischen in und out of time gewinnt bei Dolp Souveränität. So auch die simultane ad hoc-Interaktion zwischen Saxophonist und Schlagzeuger. In die sich etwas später Sara Kowal, famos an der „Extended Harp“, und Woody Schabata vibraphonierend, mit seiner Meisterschaft des Ineinandergreifens von rhythmischer Attack und melodischer Feinkost, hineinspielten. Lukas Kranzelbinder, der für den verhinderten Raphael Preuschl einsprang, verblieb zu wenig Zeit für initiatives Zutun. Krbavac spitze zwar die Ohren, ging aber nur sehr oberflächlich auf die Anregungen seiner MitspielerInnen ein. Seine eigenen improvisierten Vexierbilder nahmen ihn zu sehr in Besitz. Ob sich der Knoten in seiner Spielauffassung nochmals lösen wird.