Oct. 4, 2016
By Hannes Schweiger

Sorry this part has no English translation

MO 3. OKTOBER 2016
Fliegender Stoffwechsel
VIJAY IYER TRIO
Vijay Iyer (p), Stephan Crump (b), Justin Brown(dr)

Das war schon bester Jazzstoff den der Tastenvirtuose Iyer, einer der markantesten Formulierer einer pluralistischen, heutigen, jazzverbundenen Klangästhetik, mit seinem verschworenen Trio in berauschender Relevanz auftischte.  Iyers Klanguniversum ist ein vielschichtiges harmonisches, melodisches, rhythmisches Kompendium, das von den drei gleichberechtigt verantwortlichen Musikern permanent umgestaltet, in Einklang gebracht oder in Reibung versetzt wurde. Die meisten der dargebotenen motivischen Vorgaben, für die der Pianist verantwortlich zeichnet, entstammen der aktuellen Trioeinspielung „Break Stuff“. Sind sie dort zu konzisen Elaboraten verdichtet, so wurden sie in der Live-Situation zu geschickt ineinanderfließenden Bögen ausgebreitet. Souverän spielten die Musiker mit dem gelösten Formverlauf, der das Solo/Begleitung-Prinzip zugunsten überaschender dramaturgischer Steigerungen auflöste und demzufolge die fast telepathisch zu nennende Interaktion zwischen den Akteuren, zu ereignisreichsten Klangausdehnungen führten. Eine pluralistische Musikauffassung lebend, durchstreift Iyer auch popmusikalische Gegenden und macht mit großer Feinsinnigkeit Anregungen, etwa aus dem Techno- oder Housebereich, für sich verwertbar. In all diesem Flow sind inspirierende Rückgriffe auf die „Modern Jazz“-Historie allgegenwärtig. Mit seinem eigenwillig federnden Anschlag replizierte Iyer in persönlichster Verfasstheit beispielsweise eine Blockakkordik a la McCoy Tyner und mit besonderer Hingabe die harmonischen Vertracktheiten und sperrig kantige Rhythmik von „the one and only“ Monk. Als das Ganze entsprechend tragend, respektive zum Fliegen bringend, entpuppte sich die galante Entspanntheit in der Umsetzung dreier brennender Klangstöberer. Bravourös jonglierten sie mit kontrapunktisch geführten Linien und den Beat umkreisende Komplementärrhythmen, die von den teils abenteuerlichen Fills und Verzierungen des Drummer angefacht wurden, der gelegentlich zu überbordend agierte, aber trotzdem immer in der musikalischen Kongruenz verankert war. Ein Höhepunkt war zweifelsohne eine gut fünfzehnminütige Fassung des von Steve Porcaro stammenden, von Micheal Jackson zum Hit gekrönten Popsongs „Human Nature“,  in der geadelten Version von Miles Davis im Verlauf  derer Iyers  musikalisches Konzept der Wechselwirkung wohltemperierter Klanggruppierungen und abstrakter Verschachtelungen mit breiter dynamischer Wirksamkeit, konzentriert auf das wandlungsfähigen Kreisen um tonale Zentren, ereignishaft ausgespielt wurde. In der zurzeit blühenden Piano Trio-Landschaft gehört das Vijay Iyer Trio mit seiner individuellen Soundgewandung und einer uneitlen Hipness zu den auffallendsten. Great Stuff.