Dec. 16, 2016
By Hannes Schweiger

Sorry this part has no English translation

MI 14. & DO 15. DEZEMBER 2016
They got a kick out of it
KICK JAZZ
KOMPOST3/ CHUFFDRONE/ DAVID HELBOCK TRIO
EDI NULZ/ INTERZONE/ NAMBY PAMBY BOY

Welch düstere Aussichten wurden dem Jazz hinsichtlich seines Überlebens schon auf den Kopf zugesagt bzw. geschrieben. Nichts dahingehend fand seine Bestätigung. Der Jazz erfreut sich besten Befindens. Global hingehört, kann man speziell der jungen Jazzgeneration enorme Tatkraft, Umtriebigkeit, Originalität und höchstes künstlerisches Niveau bescheinigen. Gerade auch in Europa ist erstaunliches in Bewegung. Die österreichischen juvenilen JazzmusikerInnen spielen diesbezüglich zweifelsohne im Verbund der ersten Geigen. Das heimische Jazzfirmament hängt zurzeit reichlich voll mit ihnen. Unbeirrt diverser Widrigkeiten, die zunehmend brotlose Aussichten mit sich bringen, z.B. bedingt durch politische Sparidiotie oder das Aushungern des unterstützenden SKE-Fonds durch kaltschnäuzige Großkonzerne, werden klangweltliche Visionen mit bewundernswerter Hingabe ausgelebt. Gemein ist all diesen jungen Szenen, dass sie einem Faible für kniffligste Strukturbauten und Arrangements frönen und dieses mit unglaublicher Gewitztheit und Souveränität auskosten. Das Jazzbiotop hierzulande besticht demensprechend auffallend mit Originalität und Ideenfülle. Charakteristisch ist gleichfalls, dass die Muttersprache Jazz durch diverse andersartige Dialekte angereichert und nuanciert wird. Und nicht zu vergessen, die betonte soziale Kompetenz, die Vermittlung von Eigenschaften wie Respekt, Empathie und demokratisches Empfinden – Wesenszüge einer Menschenmusik.

Was lag näher, als einmal eine kompakte Bestandsaufnahme, im Einzelnen präsentiert das Porgy, auf der Hauptbühne wie in der Strengen Kammer, konsequent das österreichische Jazzleben, anhand von repräsentativen Projekten der jungen „Generation Jazz“ auszurichten.

So folgte eine Initiative des Music Information Center Austria/ Department „Austrian Music Export“, in der Verantwortung von Helge Hinteregger, mit Unterstützung des Porgy, die an zwei Abenden sechs Bands unterschiedlicher konzeptueller Provenienz auf die Bühne holten. Jeder der Bands war ein Zeitfenster von ca. 45 Minuten eingeräumt. Vor den Ohren eines zahlreich erschienenen Publikums unter denen auch einige internationale Promoter und Veranstalter weilten. Der erste Abend war dem Vernehmen nach schon ein Hochgenuss. Den Ankick des zweiten Abends übernahm das Trio EDI NULZ (Siegmar Brecher-bcl, Julian A. Pajzs-g, Valentin Schuster-dr, perc). Vitalität quoll aus allen Fugen, das Interplay besaß eine grandiose Kongruenz. So stimmte es auch nicht verwunderlich, dass komplexe Struktureinheiten, ausgestattet mit melodischen wie rhythmischen Finessen, mit einer umwerfenden Leichtigkeit aneinander gereiht wurden. Durchsetzt von atemberaubenden Breaks und Stops. Neben dem jazzfundierten Freiheitsdrang betreffend harmonischer und klanglicher Extrovertiertheiten, bezeugten die Tonsetzer auch eine Betuchtheit hinsichtlich Rockfeeling. Zudem saß ihnen auch der Schalk ordentlich im Nacken und ihr Spielwitz, der die instrumentaltechnische Fitness unterstrich, war ein Konzentrat aus „Spike Jones kalauert mit Frank Zappa“. Nur hätten sie in die Architektur phasenweise die eine oder andere Schneise mehr für improvisatorisches Parlieren schneiden können. Anyway, Edi is ready. Diesen perfekten Pass übernahm in vollem Lauf  das Trio MARIO ROM´S INTERZONE (Mario Rom-tp, Lukas Kranzelbinder-b, Herbert Pirker-dr) und schraubte die musikalische Ereignishaftigkeit noch ein Stück weit in die Höhe. Ein hard drivin´ Terzett, das mit der ganzen modernen Jazzhistorie auf Du und Du ist. Seine Jazzdeutungen transportiert es mit einem verdammt authentischen Zugang. Die Kommunikation zwischen den dreien lief mit offenherziger Lässigkeit ab. Der Improvisation im weitestgehend freien Austausch, wurde besonderes Ohrenmerk geschenkt. Aber auch  komplexe Arrangements und melodische Verläufe ließen die „Interzoner“ mit eloquenter Coolness vom Stapel. Ein zusammengeschweißtes Kollektiv von ausnehmender Güte. Melodisch hatte klarerweise Rom die Federführung und ließ sein „verbogenes“ Horn strahlend jubilieren, räudig krächzen, leidenschaftlich seufzen oder entlockte ihm eine knochentrockene, stakkatierende Attack. Kranzelbinder und Pirker richteten eine Rhythmuszone ein, in der fulminantes Treiben vor sich ging. Einmal driftete jenes von der periodischen Gangart ab, um im nächsten Momen,t antreibend wieder in deren Tritt zu kommen. Großartig wie Kranzelbinder singende melodische Kürzel mit pulsierenden Beats verschmolz. Pirker zauberte förmlich mit Off Beat Feuerwerken, rhythmischen Überlagerungen und melodisch-rhythmischen Akzentmustern, denen er zudem noch feine klangliche Schattierungen beimengte – frappante Tempowechsel inbegriffen. Klimax war ein moderater Blues in dem das Trio derart schwarz klang, als würde die Donau in den Mississippi münden. Hier offenbarte sich speziell, wie der Bezug zu tonalen Zentren ins „Freiland“ überführt werden kann. Patriotismus hin oder her, die Jungs gehören zu den Besten im heutigen Jazzzirkel, punkt.  Im abschließenden Spieldrittel tobte sich NAMBY PAMBY BOY (Fabian Rucker-as, Philipp Nykrin-keys, Andreas Lettner-acc & el dr) aus. Eine Dreieinigkeit, die ihre Jazzvisionen mit populärmusikalisch etablierten Elektronicsounds, die bis ins „Holozän“ der elektronischen Klangerzeuger rückreichte, unterfütterte. Ausgangspunkt waren zumeist simple zyklische Beats, gekoppelt mit monochromen Klangflächen, in trashigem Klangbild, der Keyboards, die sich in ausladenderen Stücken, infolge zu rasanten harmonischen bzw. rhythmischen Verschachtelungen auswuchsen. Dahinein setzte Fabian Rucker phantasietrunkene, leidenschaftliche Echtzeiterkundungen, versehen mit aufregenden Melismen. Die teils ausgefransten Keyboardsounds puschten schlussendlich die Spannung ziemlich nach oben, im Austausch mit quirligen Drumpattern. Dennoch war dem Verfasser dieser Zeilen ein zuviel an synthetischen Klangqualitäten vorhanden. Fazit: dieser Streifzug durch die junge heimische Jazzlandschaft offerierte deren mannigfaltige Topographie auf eindringliche Weise.